MOBITIPP: Am 4. September 2017 startet in Celle Ihre „Rollt bei mir…!-Deutschlandtour. Sie stehen dann das erste Mal mit einem Soloprogramm als Comedian auf der Bühne. Haben Sie schon schlaflose Nächte oder können Sie das ganz cool sehen?
Tan Caglar: Es ist total spannend. Im Gegensatz zu Mixshows, wo mehrere Künstler auftreten, kommen die Zuschauer ausschließlich wegen mir. Im Grunde fühlt es sich so an, als gibt es ein großes Treffen mit Freunden, die ich zwar noch nicht kenne, aber mit denen ich eine Menge Spaß haben werde.
MOBITIPP: Verraten Sie uns etwas aus dem Programm?
Tan Caglar: Es handelt sich ausschließlich um Alltagssituationen, die eigentlich jeden betreffen. Wenn ich beispielsweise als Türke mit Dreitagebart, Lederjacke und Proletenkarre auf `nem Behindertenparkplatz parke, dann lernt man eine Menge Leute kennen. Meine Botschaft ist eigentlich recht klar zu definieren. Ich zeige auf, dass wir alle ein bisschen behindert sind, nur eben jeder auf eine andere Art und Weise.
MOBITIPP: Wie sind Sie eigentlich zur Comedy gekommen?
Tan Caglar: Ich gebe seit sechs Jahren Workshops und Seminare zum Thema Inklusion und Integration. Da habe ich festgestellt, dass wir mit den Teilnehmern viel lachen konnten, bei Themen, wo der Humor sonst zu kurz kommt. Irgendwann kam ein Teilnehmer nach einem Seminar auf mich zu und sagte:“ Mensch, das war ja fast wie Comedy!“. Daraufhin hab ich mich bei einer Agentur gemeldet und gefragt, ob das auch nur ansatzweise denkbar wäre, dass ein Rollstuhlfahrer Stand up macht. Naja, und nach dem Satz war eigentlich schon alles klar.
MOBITIPP: Wie bringen Sie Ihre verschiedenen Tätigkeiten als Rollstuhlmodel, Basketballer und Dozent unter einen Hut?
Tan Caglar: Langweilig wird es tatsächlich nicht, aber es ergänzt sich prima. Wenn ich vom Training oder vom Spiel komme, bin ich körperlich ausgelaugt und kann wieder mental auftanken. Zum Beispiel, indem ich Texte schreibe oder an meiner Performance arbeite. Stand ich abends auf der Bühne und habe mich leer gequatscht, habe ich wieder das Bedürfnis in die Halle zu gehen und zu schwitzen. Es funktioniert eben sehr gut, in beiden Bereichen aktiv zu sein.
MOBITIPP: Sie sagen: „Inklusion ist, wenn ein Rollstuhl in der Gesellschaft dieselbe Akzeptanz erreicht hat wie ein Selfie-Stick“. Wie weit sind wir noch davon entfernt?
Tan Caglar: Wie kann es sein, dass vor fast 50 Jahren der erste Mensch den Mond betreten hat, ich aber gegenüber bei der Sparkasse nicht reinkomme? Wir sind in Deutschland auf einem guten Wege, jedoch noch sehr weit von Inklusion entfernt. Vielleicht kann ich als erster Handicap-Comedian einen Teil dazu beitragen, das wäre schön.
Eine Übersicht der Termine findet Ihr hier: http://agentur190a.de/tickets/tan-caglar/