Michael Teuber: Vom Reiz, seine Grenzen zu verschieben

Was einen Ausnahmeathleten und Extremsportler aus dem Para Radsport antreibt

5 x Paralympicssieger, 20 x Weltmeister, 10 x Weltrekord, 6 x Gesamtweltcupsieger: Die Erfolge von Michael Teuber im paralympischen Spitzensport sind eindrucksvoll. Trotzdem sagt der gebürtige Tegernseer, es gehe ihm nicht nur um die Medaillen. Was motiviert den 55-Jährigen noch zu solchen Höchstleistungen? Gibt es ein Erfolgsgeheimnis?
Man sieht einen Rennradfahrer von vorne beim Zeitfahren
(c) Drew Kaplan
Paris im Blick: Michael Teuber

Dass Paralympioniken eine sportliche Klasse für sich sind, steht außer Frage. Doch da fängt man nicht an, wenn man sich aufs Rad schwingt oder ins Schwimmbecken stürzt: Dazugehören und Lorbeeren ernten kann nur, wer sich über Jahre hinweg in zahlreichen Wettkämpfen mit herausragenden Ergebnissen hochgearbeitet hat. Wie also schafft es einer, sich nach einem schweren Unfall aus dem Rollstuhl zurück ins Leben zu kämpfen und nicht nur als paralympischer Athlet, sondern – praktisch als eine Art von Ausgleich –  auch noch im Extremsport Spitzenleistungen zu bringen? Nicht weniger ist Michael Teuber gelungen.

Nach einem Autounfall 1987 in Frankreich erhielt der damals 19-jährige Abiturient die Diagnose: Bruch des 2. und 3. Lendenwirbels mit inkompletter, aber irreversibler Querschnittlähmung. Bis dahin war er ein leidenschaftlicher Windsurfer und Snowboarder. Plötzlich sitzt er im Rollstuhl. Unterhalb des Kniegelenks ist Michael Teuber komplett gelähmt. Im rechten Oberschenkel ist noch eine minimale Restfunktion vorhanden.

Von Anfang an sei ihm klar gewesen, dass er irgendwie wieder in den Sport zurückkehren werde. „Es war ein starker Antrieb, mir das vorzustellen“, sagt Michael Teuber. Einen Verbündeten fand er in seinem Bruder Christian, einem Ingenieur und Tüftler. Gemeinsam überlegen sie, wie Michael als Rollstuhlfahrer wieder aufs Surfbrett kommen könnte. „Wir dachten daran, eine Vorrichtung zu bauen. Solche Sachen halt.“ Notfalls könne er vielleicht ein guter Schachspieler werden, ging ihm durch den Kopf.

Vom Trainingsfahrrad zum Mountainbike

Der Plan B erwies sich bald als unnötig. In der Reha lernte Michael Teuber das Fahrrad als Trainingsgerät kennen und holte alles aus sich heraus. Schon bald eroberte er sich das Mountainbike, das ihm die Möglichkeit bot, allmählich an sein früheres Leben im Funsport und im Wettkampf anzuknüpfen.

Der Lohn des Trainingsfleißes: Nach zwei Jahren kann er weitgehend auf den Rollstuhl verzichten und sich mit Krücken und sogenannten Gehapparaten fortbewegen. Später benutzt er Gehstöcke und Peroneus- Schienen, die das Fußgelenk stabilisierten. Die Peroneus-Schienen benötigt er nach wie vor. In den Oberschenkel konnte er mit den Jahren etwa zwei Drittel der ursprünglichen Muskeln wieder auftrainieren, berichtet Michael Teuber. 1996, neun Jahre nach dem Unfall, nimmt er sogar an der Mountainbike Downhill Weltmeisterschaft in Australien teil und kommt im nicht behinderten Teilnehmerfeld auf Platz 92. „Mein Highlight als Funsportler.“

Ein Lebenssportler

Mit Anfang dreißig steht Michael Teuber vor der Frage, sein Leben als Profi dem Sport zu widmen oder sich in eine Karriere im Bankwesen zu stürzen. Für letztere Alternative hat er sogar ein BWL-Studium mit Prädikat im Rücken. Wirklich schwergefallen ist ihm die Entscheidung dann nicht: „Manche sagen, der spinnt. Was der so macht, kann man sich nicht zumuten. Aber ich bin einfach ein Lebenssportler, der gerne draußen ist und sich bewegt.“

So fühlt sich der Paralympics-Star auch vom Extremsport und anderen sportlichen Abenteuern angezogen: 2010 besteigt er zum Beispiel als Laureus-Botschafter für eine Benefiz-Aktion den Kilimandscharo. 2017 erklimmt er den 6.300 Meter hohen Chimborazo, den höchsten Berg Ecuadors.

Willensstärke, Disziplin, Ausdauer

Um im Spitzensport erfolgreich zu sein, zählen für Michael Teuber vor allem Willensstärke, Disziplin und Ausdauer: „Man braucht einen gewissen inneren Antrieb. Diese Zielstrebigkeit, dass man seine persönlichen Grenzen immer weiter verschieben will und auch bei Rückschlägen und in persönlichen Krisen nicht aufgibt. Dieses Durchhaltevermögen habe ich in mir.“ Die Bereitschaft, sich Ziele zu setzen, hart dafür zu trainieren und bei Rückschlägen wieder positiv nach vorne zu schauen und weiterzumachen, – das könne niemand anders für einen tun. „Letztlich muss man die Leistung, die im Sport zählt, aus eigener Kraft erbringen.“

Sich nicht auf dem Erreichten auszuruhen, sondern zu schauen, was noch geht, hat Michael Teuber schon nach dem Unfall weiter gebracht, als manche für möglich hielten. Dieses innere Feuer spürt er heute noch und so ist es auch nachvollziehbar, wenn er sagt: Es geht mir nicht nur um Medaillen. Die Medaille ist inzwischen praktisch die Kirsche auf der Torte.

Bei seinen Aktivitäten kann sich Michael Teuber auf seine Familie verlassen – auf die Eltern, seinen Bruder und Manager Christian, seine damalige Freundin und heutige Ehefrau Susanne. Mit ihr und Tochter Marieann wohnt er in Odelzhausen im Landkreis Dachau.

Ein Netz an Unterstützern

Mit den Jahren und Erfolgen ist sein Netz an Sponsoren immer dichter und namhafter geworden. „Ohne Sponsoren ist es nahezu unmöglich, in den Profisport vorzudringen“, sagt Michael Teuber. „Die persönliche Mobilität ist beim sportlichen Weiterkommen ein entscheidender Faktor. Aber aus eigenen Mitteln kann schon im Semi-Profibereich kaum noch ein Sportler die Kosten allein tragen.“

Gerade der Radsport sei als Ausdauersport nicht nur sehr trainings-, sondern auch materialintensiv. Auf rund 20.000 Trainingskilometer bringt er es im Jahr. Hinzu kommt die Teilnahme an nationalen und internationalen Wettbewerben. Er selbst fährt zu allen Wettkämpfen innerhalb Europas mit dem Auto. Auch hier kommen noch einmal rund 20.000 Kilometer im Jahr zusammen. Daher freue er sich, mit dem Autohersteller Audi seit Jahren einen Mobilitätspartner an seiner Seite zu haben, der ihm zum Beispiel mit dem A6 Avant ein komfortables, schnelles und zuverlässiges Fahrzeug zur Verfügung stelle und ein ausgewiesener Spezialist für Fahrhilfen sei.

Tokio! Und dann Paris?

Vorläufiger Höhepunkt in Michael Teubers sportlicher Karriere waren die Paralympischen Spiele 2021 in Tokio, die ihm einige Highlights bescherten. Gemeinsam mit Mareike Miller, Kapitänin der Rollstuhlbasketball-Mannschaft, durfte er die deutsche Delegation bei der Eröffnungsfeier als Fahnenträger anführen. Er ist als kritischer Geist bekannt, der auch riskiert, mal anzuecken, wenn er etwas für falsch hält. Umso mehr freut er sich „über die Ehre, als Teil eines großen Teams sein Land vertreten zu können”. Das Gefühl beim Einzug ins Stadion? „Unbeschreiblich!“

Mit einer Bronze-Medaille in Tokio lief es gut für Michael Teuber, sodass er Kurs auf die Spiele in Paris 2024 nahm. 2022 gewann er erneut den Weltmeistertitel und 2023 Silber in seiner Paradedisziplin, dem Einzelzeitfahren, sodass die Chancen für seine siebte Teilnahme bei paralympischen Spielen stiegen. Nach einem schweren Sturz im März und einer vierwöchigen Zwangspause will Teuber sich bei den 2024er Weltcups dennoch final für die Spiele in Paris qualifizieren und dort erneut um die Medaillen kämpfen. Wir drücken die Daumen!

(Text: Brigitte Muschiol)

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