MOBITIPP: Herr Roznos, wie ist Ihr inklusives Tanztheater multifil identity entstanden?
Bronislav Roznos: Während meiner Zeit als Ballettdirektor in Zwickau hatte mich eine Rollstuhltanzgruppe gefragt, ob ich etwas für sie machen könne. Wir haben dann eine Bühnenperformance erarbeitet. Das war eine beeindruckende Erfahrung.
Als ich mich 2013 als freischaffender Choreograf in Dresden niederließ, knüpfte ich daran an. Ich suchte Menschen für mein Vorhaben und lernte mit verschiedenen Behinderungen umzugehen. Ein Riesenprozess. Aus einem Pilotprojekt ergab sich dann alles andere.
Die Arbeit von Menschen mit Behinderung wird ja meistens als Beschäftigung oder Therapie betrachtet. Die Vorstellung, dass sie Schöpfer künstlerischer Werke sein können, ist noch nicht weit verbreitet. Mein inklusives Tanztheater erfüllt mich jedenfalls mehr als alles andere bisher und ich bin froh, dass ich diesen Schritt gewagt habe.
MOBITIPP: multifil identity arbeitet gerade an Kafkasia. Worum geht es dabei?
Bronislav Roznos: Die Performance ist vom Leben und Schaffen des Schriftstellers Franz Kafka inspiriert. Das ist unsere erste Produktion zu einem konkreten Thema. Dieses internationale Projekt realisieren wir mit einer inklusiven Tanzkompanie aus Brünn in Tschechien. Es macht mich glücklich, wie außergewöhnlich und inspirierend das Zusammenspiel ist.
MOBITIPP: Wie funktioniert die Choreografie, wenn die Tänzer unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen?
Bronislav Roznos: Ich arbeite individuell mit dem, was jeder Tänzer anbietet und versuche vorsichtig, Grenzen zu erweitern. Es entstehen Bewegungen, die kein Profitänzer anbieten könnte. Von Maximilian zum Beispiel weiß niemand, was er sieht. Er kann sich auch nicht mit Worten ausdrücken. Es war ein Risiko, ihn mit auf die Bühne zu nehmen. Er sollte nicht wie jemand wirken, der Einstudiertes vorführen soll. Weil Max die Gabe hat, sich intuitiv auf das Geschehen einzulassen, wirkt alles natürlich und wir spüren, dass er gern mit uns ist.
Vieles, was wir tun, ist Improvisation. Die Struktur lege ich fest, aber innerhalb der eigenen Bewegung ist jeder frei. Deshalb passiert auch in jeder Vorstellung etwas Neues.
MOBITIPP: Wie erleben Sie die öffentliche Resonanz auf Ihre Aufführungen?
Bronislav Roznos: Wer uns auf der Bühne sieht, ist begeistert von der Kreativität und Professionalität der Kompanie. Aber wir stellen auch fest, dass Menschen, die keine konkreten Erfahrungen mit unseren Themen haben, uns noch nicht wie selbstverständlich besuchen. Dabei erleben wir immer wieder, dass unvorbereitete Besucher sehr positiv reagieren und das Unerwartete begrüßen.
Hier erfahrt Ihr mehr über das inklusive Tanztheater multifil identity: http://www.multifil-identity.de
Mehr über Choreografen Bronislav Roznos: https://www.tanztheater-bronislav-roznos.com/
Eindrücke aus dem multifil identity International Tanz-Workshop im März 2017: https://vimeo.com/211272449
Hier geht es zu den Premierenterminen von Kafkasia, von denen der erste am 27. April 2018 in Dresden ist: www.multifil-identity.de/termine.html