MOBITIPP: Martin Braxenthaler, was war in der neuen, veränderten Situation der wichtigste positive Impuls?
Martin Braxenthaler: Nach der Reha war es ein großes Thema für mich, wieder mit dem eigenen Auto und einem Handbediengerät selbstständig mobil zu werden. Gerade im ländlichen Umfeld mit wenigen barrierefreien Verkehrsmitteln war mir das besonders wichtig.
MOBITIPP: Wie würdest Du rückblickend diese Zeit beschreiben?
Martin Braxenthaler: Ich habe die Zeit als einen Prozess von ein bis zwei Jahren in Erinnerung, die ich brauchte, um mich auf die neue Lebenssituation einzustellen.
MOBITIPP: Welche Bedeutung hat der Sport für Dich?
Martin Braxenthaler: Ich war vor dem Unfall ein vielseitiger Freizeitsportler und habe danach Monoskifahren gelernt, um wieder mit meinen Kumpels Skifahren gehen zu können. Dabei wurde mein Talent erkannt und ich bin in den Leistungsbereich eingestiegen.
Natürlich war es dann ein großartiges Gefühl, zu den Paralympics zu fahren – zu ganz großen Wettkämpfen. Viele Breiten- und Leistungssportler träumen davon und schaffen es nicht. Ich bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung machen und bei den Rennen so erfolgreich sein konnte. Die erste und die letzte paralympische Medaille sind Eckpunkte und dazwischen liegt eine coole Zeit. Auch heute treibe ich noch Sport. Ich fahre Handbike und gehe Schwimmen.
MOBITIPP: Wie siehst Du Dein Verhältnis zu Deinem Rollstuhl und hast Du Dich bewusst für einen Aktivrollstuhl statt für einen E-Rolli entschieden?
Martin Braxenthaler: Es war für mich selbstverständlich, mich für einen Aktivrollstuhl zu entscheiden. Ich könnte mir gar nicht vorstellen, einen Elektro-Rollstuhl zu fahren. Ich schätze meinen Rollstuhl, ähnlich wie einen Freund. Mir ist klar, dass er mir viel Aktivität ermöglicht, die ich sonst nicht hätte.
MOBITPP: Wie beurteilst Du Deutschland als Land für Rollstuhlfahrer?
Martin Braxenthaler: Ich denke, dass Deutschland auf einem guten Weg ist und dass jede große Entwicklung ihre Zeit braucht. Andererseits ist es schon traurig, dass eine hoch entwickelte Industrienation im Jahr 2019 noch deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt und man immer noch über barrierefreie Zugänge selbst vor neu errichteten Gebäuden diskutieren muss.
MOBITIPP: Würdest Du Dein Leben als normal bezeichnen?
Martin Braxenthaler: Oh ja, ganz klar. Ich stehe morgens früh auf, komme meinen Pflichten als Familienvater nach, indem ich meinen Sohn versorge und zur Schule bringe. Dann nehme ich berufliche Termine wahr und bin abends meist reichlich müde – ganz alltäglich also.
MOBITIPP: Worin besteht Deine berufliche Tätigkeit?
Martin Braxenthaler: Es gibt drei Unternehmen, die mich im Laufe meiner sportlichen Karriere als Sponsoren unterstützt haben. Das sind Otto Bock, VW Nutzfahrzeuge und der Reifenhersteller Schwalbe. Für diese drei Unternehmen bin ich heute als Markenbotschafter, Berater für Produktentwicklung und im Vertrieb tätig und damit laufend aktiv.
MOBITIPP: Kannst Du verstehen, wenn Menschen Dich wegen Deiner Mobilitätseinschränkung bedauern?
Martin Braxenthaler: Ich sehe nicht, ob mich jemand bedauert, weil ich mich selbst nicht bedauere. Jeder hat im Leben seine Aufgaben und Herausforderungen, die er annehmen und bewältigen muss. Ich bin Realist und mit meinem Leben zufrieden, wie es jetzt ist. Natürlich kann ich nicht wissen, wie es mir morgen geht. Aber auch dann halte ich mich an meine Maxime, das Beste aus meiner Situation zu machen.
MOBITIPP: Was rätst Du Menschen, die ganz frisch im Rollstuhl sitzen?
Martin Braxenthaler: Ich kann nur jedem empfehlen, sich ehrlich mit seiner Situation auseinanderzusetzen, Ziele zu finden und zu versuchen, diese samt Handicap zu erreichen. Es ist nach meiner Überzeugung ganz wichtig, nicht zu viel Zeit darauf zu verwenden, einen Verlust zu beklagen, sondern lieber nach vorne zu schauen.
MOBITIPP: Was ist Dein Ziel für die Zukunft?
Martin Braxenthaler: Wenn es so weitergeht, wie es jetzt ist, bin ich zufrieden.
Mehr über Martin erfahrt ihr auf seiner Facebookseite: https://www.facebook.com/martin.braxenthaler