Voll unter Strom

Tesla M3 Performance S mit Handbedienung

Als hierzulande noch ausführlich darüber diskutiert wurde, ob Elektroautos nun eine gute und umweltfreundliche Alternative zu Verbrennungsmotoren sind, hat Tesla bereits mächtig Gas, Pardon Strom gegeben. Der Firmenname ist zeitweise fast zum Synonym für Stromer geworden. Ob der Hype um die amerikanischen Wunderautos auch für Menschen mit Behinderung berechtigt ist, haben wir uns an einem Mittelklassemodell von Tesla angesehen.
Weißes Elektroauto von schräg vorne
(c) Udo Späker
Tesla M3 Performance S
Flott und sparsam: Auch für Menschen mit Behinderung können Elektroautos eine gute Alternative sein

Auf den ersten Blick lassen sich Autos mit Verbrennungsmotor kaum von solchen mit Elektromotor unterscheiden. Am ehesten hilft da noch ein Blick auf das Nummernschild, wo das hinten angefügte E sofort deutlich macht, dass hier ein Stromer unterwegs ist. Weil hierzulande lange die Fahne der Verbrennungsmotoren hochgehalten wurde, war das E auf dem Nummernschild allerdings eher ein Makel als eine Auszeichnung. „Mit diesem Tesla lasse ich jeden Porsche locker stehen“, berichtet unser Testfahrer Sebastina Kessler. Satte 700 PS hat der M3 Performance S, und da Elektromotoren ohnehin ein unschlagbares Drehmoment haben, ist dieser Wagen jedem Verbrenner überlegen.

Beherrschen kann man so viel Power auch mit einer Handbedienung für Bremse und Gas sicher. Im Grund braucht man nämlich nur eine für die Stromzufuhr. Elektromotoren verfügen bauartbedingt über eine Motorbremse, über die in vielen Stromern Energie zurückgewonnen wird (Dieser Vorgang heißt Rekuperation). Sobald man die Stromzufuhr verringert oder ganz unterbricht, wird das Fahrzeug verlangsamt, bis hin zum vollständigen Stillstand. Ein aktives Bremsen ist daher oftmals nicht erforderlich. „Auf über 40.000 gefahrenen Kilometern habe ich überhaupt nur vier, fünf Mal aktiv bremsen müssen“, berichtet Sebastian Kessler. Für Menschen mit eingeschränkter Arm- und Handfunktion ist das eine gute Nachricht.

Neues Feeling: Wetterabhängige Leistung

Blick aufs Cockpit eines Tesla mit Lenkrad und Handbedienung für Menschen mit Behinderung
(c) Udo Späker

Wie die meisten anderen Elektroautos auch, hat der Tesla M3 kein mechanisches oder automatisches Getriebe. Beim Start ist die Fahrstufe N (neutral) eingestellt, die man zum Fahren entweder auf den Rückwärts- oder den Vorwärtsgang stellen muss. Alles andere wird rein über den Motor gesteuert. Auch das ist ein Vorteil für viele Menschen mit Behinderung, weil keine Extrakosten für die Anschaffung eines Automatikgetriebes anfallen. Die Beschleunigung im Tesla erfolgt stufenlos und zügig. Wie zügig, hängt davon ab, wie warm die Batterien sind. Im vorgewärmten Zustand brachte unser Fahrzeug es auf eine Endgeschwindigkeit von über 280 Stundenkilometer.

Auch das ist ein neues Erlebnis in Elektroautos: Die Fahreigenschaften sind wetterabhängig. Zwar bemühen sich die Hersteller darum, diesen Effekt immer weiter zu minimieren, unterdrücken können sie ihn jedoch (noch) nicht. Je kälter es wird, desto mehr Leistungseinbußen haben die Akkus. Bei angenehmen 20 Grad plus Außentemperatur entfalten sie ihre volle Leistung. Bei 20 Grad minus brauchen die Akkus etwas länger, bis sie auf Touren kommen, zudem nimmt ihre Reichweite um bis zu 20 Prozent ab. Unser Tesla M3 brachte es im Sommer auf eine Reichweite von 400 bis 450 Kilometern, im Winter hingegen nur auf etwa 300 bis 350 Kilometer.

Erstaunlich kurze Ladezeit

Diese Werte liegen deutlich unter dem, was Tesla selbst angibt. Das liegt daran, dass die offiziellen Werte (wie bei Autos mit Verbrennungsmotor auch) stets unter idealen Bedingungen ermittelt werden. Diese liegen in der Praxis so gut wie nie vor. Zudem mag kein Fahrer das Risiko eingehen, die Akkus tatsächlich komplett leer zu fahren – was ja auch technisch für die Aggregate nicht gut wäre. Die Nettoreichweite liegt deshalb immer unter der Bruttoreichweite.

Wer viel im regionalen Umfeld auf Kurz- und Mittelstrecken unterwegs ist, hat mit der Reichweite jedoch kein Problem. Insbesondere in Ballungsgebieten gibt es ein dichtes Netz an Ladestationen, von denen viele sogar kostenlos sind. Während des Wocheneinkaufs kann man das Fahrzeug zum Beispiel bei vielen Supermärkten an eine Ladestation anschließen, danach sind die Akkus wieder geladen. Wie viel Strom während des Einkaufs gespeichert werden konnte, hängt von der Leistung der Ladesäule ab. An besonders leistungsstarken Stationen von Tesla mit „Supercharger“ ist der M3 innerhalb von 30 bis 45 Minuten wieder vollständig aufgeladen.

Der Ladevorgang ist für Rollstuhlfahrer schwierig

Dieser Wert ist auch für Langstrecken akzeptabel, auch wenn er deutlich über dem liegt, den man für ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor einplanen muss. „Ein Elektroauto muss man wollen“, sagt Sebastian Kessler dazu, insbesondere, wenn man viel auf langen Strecken unterwegs ist. Auf den gut 600 Kilometern von Düsseldorf nach München muss man einen, am besten sogar zwei Ladestopps einplanen. Das geht mit dem Tesla M3 sehr einfach, weil der Bordcomputer selbstständig die Restenergie und -reichweite ermittelt und dann Ladestellen in der Nähe vorschlägt. Aber auch zahlreiche Smartphone-Apps zeigen geeignete Ladepunkte an. „Die Infrastruktur für Elektroautos ist schon viel besser als viele Menschen glauben“, stellt Sebastian Kessler fest.

Das Laden selbst ist allerdings eine Herausforderung für Rollstuhlfahrer. Viele Ladesäulen stehen auf einem Sockel, sodass man sie aus dem Sitzen nur schlecht erreichen kann. Hinzu kommt, dass die Ladekabel schwer sind und nicht zuletzt dank der integrierten Kühlung ein Gewicht von vier bis fünf Kilogramm erreichen können. Die Handhabung ist deshalb nur für Menschen mit ausreichender Oberkörperstabilität und genügend Kraft möglich. Andererseits unterscheidet der Ladevorgang sich eben auch wesentlich vom Tanken. „Die Menschen, die Stromer fahren, haben mehr Zeit und sind meistens sehr hilfsbereit“, berichtet Sebastian Kessler von seinen Erfahrungen.

Mehr Platz im Innen- und Kofferraum

Es kam deshalb immer wieder vor, dass der Rollstuhlfahrer für den Ladevorgang gar nicht aussteigen musste. Dabei ist das Ein- und Aussteigen in den Tesla M3 mit selbstständiger Verladung des Rollstuhls vergleichsweise bequem. Weil in Elektroautos viel weniger Technik erforderlich ist, ist der Innenraum entsprechend größer. Zum Beispiel ist der aus Autos mit Verbrennungsmotor bekannte Tunnel mitten durchs Fahrzeug in Stromern nicht erforderlich. Da auch der Motor kleiner ist, hat der M3 vorne sogar noch einen etwa 45 Liter großen Stauraum, den „frunk“.

Fazit

Der Tesla M3 Performance beweist, dass Elektroautos besser sind als ihr Ruf. Auch für Menschen mit Behinderung stellen sie bereits eine interessante Alternative dar. Lediglich der Ladevorgang kann insbesondere Rollstuhlfahrern Schwierigkeiten bereiten. Die hohen Anschaffungskosten amortisieren sich beim Tesla M3 im Laufe der Zeit durch die staatliche Förderung bei der Anschaffung eines Stromers und die geringen Unterhaltskosten.

(Text: Volker Neumann)

Weißes Elektroauto von schräg vorne
Tesla M3 Performance S
(c) Udo Späker
Flott und sparsam: Auch für Menschen mit Behinderung können Elektroautos eine gute Alternative sein
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