MOBITIPP: Frau Umrik, nachdem Sie sich etwa drei Jahre zurückzogen. hatten, zeigen Sie sich jetzt als Business- und Lebenscoach von einer neuen Seite. Was hat es damit auf sich?
Anastasia Umrik: Anlass für meinen Rückzug war ein massiver gesundheitlicher Einbruch, der mit einer Nahtod-Erfahrung verbunden war. Glücklicherweise bin ich wieder aufgewacht. Dabei habe ich wieder gemerkt, wie sehr ich das Leben liebe. Aber mir ist auch klar geworden, dass ich dringend eine Neuorientierung brauche.
MOBITIPP: Hatten Sie eine Idee, was nicht mehr stimmig war?
Anastasia Umrik: Wie mein Leben verlaufen ist und wie ich im Innersten bin, passte nicht mehr zusammen. Ich fand es zunehmend anstrengend, die Erwartungen von außen zu erfüllen, was ich zu tun und sagen habe. Ich wollte nicht mehr das Klischee von „Frau, behindert, trotzdem cool, aktiv und kreativ” erfüllen. Über Inklusion zu reden, finde ich nach wie vor wichtig. Es war aber nie mein Ding, als Aktivistin zu gelten. Dann hat das Leben aber seine eigene Dynamik entwickelt, der ich einfach gefolgt bin.
MOBITIPP: Was meinen Sie damit? Sie waren nicht mehr am Steuer Ihres Lebens?
Anastasia Umrik: Das trifft es gut. Ich habe praktisch alle „Randgruppenthemen” fleißig abgearbeitet. Wirklich erfüllt hat mich das irgendwann nicht mehr. Im Kern ging es mir immer um andere Fragen. Ich wollte mehr in die Tiefe gehen und meine Begabungen, die sich bisher nicht entfalten konnten, ausloten und ausleben. Dazu gehört ein großes Einfühlungsvermögen zum Beispiel und die Fähigkeit, intuitiv die großen Zusammenhänge in einem Leben oder in Situationen zu erkennen. Das Bedürfnis, diese Facetten meiner Persönlichkeit auszuleben, trat immer mehr in den Vordergrund und setzte mich unter Druck.
MOBITIPP: Welche Schlussfolgerungen zogen Sie aus dieser Erkenntnis?
Anastasia Umrik: Ich habe gelernt, dass ich meine Arbeit an mein Innerstes anpassen muss. Das gilt für die Inhalte wie auch für den Umfang. Mir ist auch klar geworden, dass ich mich mit meinen Themen anders aufstellen muss. Die entscheidende Frage war: Was bleibt, wenn ich das Thema Behinderung nicht mehr habe? Was kann Neues kommen, wenn ich diesen sicheren Hafen, für den ich bekannt war, verlasse?
MOBITIPP: Haben Sie diese Umbruchsituation in Ihrem Leben alleine bewältigt?
Anastasia Umrik: Ich glaube nicht, dass ein Mensch solch eine Neuorientierung alleine schaffen kann. Zumindest fühlt es sich besser an, wenn man einen geschulten Begleiter an seiner Seite hat.
Ich habe mich in der Findungsphase in ein Kloster zurückgezogen. Zeit für Besinnung, ohne viel Internet und WLAN und andere Ablenkung. Ausflüge in die Natur haben mir sehr gutgetan. Außerdem habe ich eine Therapie und ein Coaching gemacht, die mir geholfen haben, mich auf das Wesentliche zu fokussieren.
MOBITIPP: Daraus hat sich ergeben, dass Sie als Business- und Lifecoach arbeiten wollen?
Anastasia Umrik: Mein Leben hat sich schon immer um Mutausbrüche und Entfaltungsschübe gedreht. Mit meinen Erkenntnissen und Erfahrungen möchte ich jetzt Menschen helfen, die sich entwickeln, verändern, wachsen wollen. Ich unterstütze sie, ihr ureigenstes Potenzial zu entdecken und ans Licht zu bringen. Alter, Geschlecht, Beruf, ob mit oder ohne Behinderung – das alles spielt keine Rolle.
Es gibt viele Menschen, die in ihren Leben festgefahren sind. Diejenigen, die die Lust auf Entfaltung ihrer Talente in sich spüren, sich aber nicht trauen, sie auszuleben. Als deren Begleiter möchte ich Ihnen helfen, Mut zu fassen und Strategien zu entwickeln, ihre Träume zu erfüllen. Das muss nicht immer gleich ein Bruch mit dem bisherigen Leben sein. Oft gibt es Lösungen, die sich gut ins jetzige Leben integrieren lassen.
MOBITIPP: Wo sehen Sie Ihre Grenzen beim Coaching?
Anastasia Umrik: Wo sich zum Beispiel tiefer gehende Traumata oder Suchtthemen zeigen, verweise ich auf Therapeuten mit einer entsprechenden Qualifikation. Um diese Themen schneller erkennen zu können, beginne ich bald eine Ausbildung zur psychotherapeutischen Heilpraktikerin.
MOBITIPP: Wie läuft denn eine Coachingstunde organisatorisch ab? Nicht jeder Interessent kann ja nach Hamburg kommen.
Anastasia Umrik: Es gibt mehrere Wege, in Kontakt zu kommen und zu bleiben. Einer ist das Coaching per Telefon oder besser noch per Skype oder Zoom. Das funktioniert ganz gut und spart Fahrkosten. In Hamburg kann ich bei Bedarf in der Innenstadt einen barrierefreien Raum anbieten. Entfernung ist heute kein Hindernis für ein persönliches Coaching.
MOBITIPP: Was wird denn auch Ihren Initiativen, für die Sie bundesweit bekannt geworden sind?
Anastasia Umrik: Das Fotoprojekt anderStark ist definitiv beendet. Es wird keine weiteren Ausstellungen mehr geben. Unser Designprojekt inkluWas mit dem Online-Shop gibt es noch. Es sind auch neue Designs geplant, aber ganz ohne Zeitdruck und Verpflichtung – wie es sich ergibt. Mein Blog führe ich mit meinem erweiterten Blick auf das Leben fort. Ich werde mir viel mehr Spielraum bei der Wahl der Themen und der zeitlichen Umsetzung lassen.
MOBITIPP: Im Sinne der neuen Selbstbestimmtheit?
Anastasia Umrik: Ja, dazu habe ich mir jetzt die Erlaubnis gegeben!
Die Webseite mit dem Coachingangebot von Anastasia Umrik lautet: www.anastasia-umrik.de
Hier geht’s zum inkluWAS-Onlineshop: www.inkluwas.de
Wer noch einmal auf das Fotoprojekt anderStark mit seinen tollen Fotos von starken Frauen mit Muskelerkrankungen zurückblicken will, kann dies hier tun: https://anderstark.de