Arbeitsmarkt-Studie: Frauen mit Behinderung doppelt benachteiligt

Zum Weltfrauentag am 8. März veröffentlichte die Aktion Mensch die Ergebnisse einer repräsentativen Studie zur Erwerbssituation von Frauen und Männern.

Frauen mit Behinderung sind die Verliererinnen auf dem Arbeitsmarkt. Sie bilden das Schlusslicht bei Lohn sowie Vollzeit- und Führungspositionen. Zudem sind sie durch Haushalts- und Familienaufgaben besonders belastet. Das belegt eine aktuelle Studie der Aktion Mensch.
Frau im Rollstuhl an der Rezeption eines Hotels arbeitet am Computer
© Thilo Schmülgen / Aktion Mensch
Wenn ein guter Job Glückssache ist
Um Frauen mit Behinderung Chancengleichheit in in der Arbeitswelt zu bieten, bedarf es eines Bewusstseinswandels, so die Aktion Mensch anlässlich ihre aktuellen Studie.

Die Arbeitsmarkt-Studie biete einen erstmaligen systematischen Vergleich der Erwerbssituation von Frauen mit und ohne Schwerbehinderung sowie den entsprechenden männlichen Bevölkerungsgruppen, so die Aktion Mensch in einer Pressemitteilung am Weltfrauentag 2021.

Gruppenvergleich: Frauen mit Behinderung haben die niedrigsten Einkommen

Demnach haben Gender, also das soziale Geschlecht und Behinderung einen wesentlichen Einfluss auf die Chancen am Arbeitsmarkt in Deutschland. „Für viele Frauen mit Behinderung äußert sich die derzeitige Situation als ein Kampf um das berufliche Überleben – um sich im Arbeitsleben zu behaupten, müssen sie einer gleich zweifachen strukturellen Benachteiligung entgegentreten”, so eine Sprecherin der Aktion Mensch.

Ein Ergebnis der Studie ist, dass Frauen mit Behinderung für ihre berufliche Tätigkeit im Gruppenvergleich die niedrigste Entlohnung erhalten. Mit fast einem Drittel sind sie auch in der Einkommenskategorie unter 1.000 Euro netto am häufigsten vertreten. Dagegen verdienen 12 Prozent der befragten Männer mit Behinderung weniger als 1.000 Euro netto. Dabei zeigt sich auch ein großes Lohngefälle zwischen Männern und Frauen: Im Durchschnitt verdienen weibliche Erwerbstätige mit Behinderung 667 Euro netto weniger pro Monat als Männer in vergleichbarer Situation.

Hohe Motivation, schwieriges Vorankommen

Zudem fühlen sich Frauen mit Behinderung laut Mitteilung so sehr wie keine andere Gruppe von Aufstieg, Führung und freier beruflicher Gestaltung ferngehalten; gerade einmal jede Zehnte – der niedrigste Wert im Gruppenvergleich – arbeitet in einer leitenden Position. Und das, obwohl sie stärker motiviert sind, in ihrer Karriere voranzukommen, als Männer mit Behinderung und ähnlich stark wie Frauen und Männer ohne Behinderung.

Im Vergleich zu Männern gehen die befragten Frauen deutlich häufiger einer Teilzeitbeschäftigung nach. Dies gilt besonders für Frauen mit Behinderung: 37 Prozent arbeiten in einer Teilzeitposition – die höchste Zahl unter allen befragten Gruppen. Auch sind die weiblichen Erwerbstätigen mit Behinderung in Partnerschaften stärker durch Haushalts- und Familienaufgaben belastet als ihr männliches Äquivalent. Rund ein Drittel ist mit der Aufgabenteilung nicht zufrieden und beklagt mangelnde Unterstützung.

Hoher Stresspegel am Arbeitsplatz

In Bewerbungsprozessen hat sich laut Studie etwa die Hälfte aller Frauen mit Behinderung in der Vergangenheit bereits diskriminiert gefühlt und glaubt, aufgrund ihrer Behinderung auch seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen zu werden. Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen mit Behinderung schließlich beklagt demnach eine hohe persönliche Stressbelastung, hervorgerufen etwa durch den zunehmenden Konkurrenz- und Leistungsdruck und die Angst, den errungenen Arbeitsplatz wieder zu verlieren.

Für eine gerechte Teilhabe am Arbeitsleben ist ein Bewusstseinswandel erforderlich, so die Aktion Mensch. Sie plädiert deshalb für ein „Bekenntnis zur Inklusion und Gendergerechtigkeit”.

Die vom Sinus Institut im Auftrag der Aktion Mensch durchgeführte Studie verbindet laut eigenen Angaben eine bundesweite Repräsentativ-Befragung mit rund 2.000 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 64 Jahren mit elf leitfadengestützten Tiefeninterviews, die mit erwerbstätigen Frauen mit Schwerbehinderung der gleichen Altersspanne geführt wurden.

(Text: Birgit Bauer)

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