Ein Sport mit besten Trainingseffekten

Sportart: Sitzvolleyball

Sitzvolleyball gehört zu den inklusivsten Sportarten überhaupt und fordert die Sportler körperlich und mental voll heraus.
© Andi Weiland, gesellschaftsbilder.de
Sitzvolleyball

Das Schöne am Sitzvolleyball ist: So ziemlich jeder Mensch kann mitmachen. Im Kern spricht der Sport zwar Menschen mit Einschränkungen der unteren Extremitäten an – unabhängig davon, ob ein Bein oder beide betroffen sind. Ansonsten kann im Grunde jeder mitmachen, der Lust auf Volleyball hat und auf dem Boden rutschend den Ball übers Netz bringen will. Für das Spiel werden die Prothesen oder Ähnliches abgelegt; auch der Rollstuhl bleibt außen vor.
„Für mich persönlich ist Sitzvolleyball der inklusivste Sport, den man anbieten kann”, sagt Christoph Herzog. Der Mann muss es wissen: Als ehrenamtlicher Abteilungsleiter Sitzvolleyball im DBS hat er die Obhut für die Deutsche Meisterschaft und organisiert alle Turniere. Er trainiert zudem die Nationalmannschaft der Damen und den Verein in Leipzig. Außerdem war er selbst jahrelang erfolgreicher Sitzvolleyballer, holte zum Beispiel mit der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2015 den zweiten Platz – das Ticket für die Paralympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.

Stabiler Oberkörper erforderlich

„Im Gegensatz zu den Rollstuhlsportarten benötigen wir keine Gerätschaften“, erklärt Christoph Herzog. „Wir bewegen uns nur mit unseren Körpern fort.“ Ein hoher finanzieller Einsatz ist daher nicht nötig. Gewisse Voraussetzungen sollte man dennoch mitbringen: Ab der Hüfte aufwärts ist ein sehr stabiler Oberkörper ohne Einschränkungen erforderlich. Denn um zum Ball rutschen zu können, benutzen Sitzvolleyballer auch ihre Hände. Das macht den Ballsport auch besonders anspruchsvoll: Während Standvolleyballer zum Ball hinlaufen und sich dabei schon auf die Ballannahme und -abgabe vorbereiten können, müssen Sitzvolleyballer erst ihre Hände hochnehmen und umso schneller reagieren.
Weil der Sport auf dem kleinen Feld „sehr, sehr rasant“ ist, so Christoph Herzog, sollte man auch gedankenschnell sein und sich blitzartig auf die vielen Ballwechsel und das sehr schnelle Tempo einstellen können. „Es passiert bei uns vieles gleichzeitig. Das macht Sitzvolleyball immer wieder überraschend.” Die Belohnung ist ein „total effektives Training, bei dem der ganze Körper einbezogen ist.”

Ähnliche Regeln wie beim Standvolleyball

Das Spielfeld ist etwas kleiner als beim Standvolleyball und das Netz hängt etwas niedriger. Im Spiel geht es aber auch ums Pritschen, Baggern und Angreifen. Ein Team besteht aus sechs Sportlern, die in zwei Reihen sitzen – der Angriffsreihe und der Abwehrreihe. Nach jedem gewonnenen Ball nach Aufschlag des Gegners wird rotiert, sodass jeder Spieler in jeder Position spielt. Individuelle Stärken gibt es natürlich trotzdem und es gehört zum Reiz des Spiels, diese innerhalb des Regelwerks trotzdem ausspielen zu können.
International, wie zum Beispiel bei dem Paralympischen Spielen in London 2012 gegen Russland kann ein Spiel schon mal an die zwei Stunden dauern. Bei dem ständigen Einsatz, den der rasante Sport erfordert, ist das auch für durchtrainierte Athleten eine Herausforderung.

„Schnellster Ballsport der Welt!”

Nationalspieler Stefan Hähnlein vom TSV Bayer 04 Leverkusen spielt seit 14 Jahren Sitzvolleyball. Er hat MOBITIPP von seinem Weg in den Sport erzählt.

Nach einer krankheitsbedingten Amputation des rechten Unterschenkels bekam Stefan Hähnlein als Zwölfjähriger eine Prothese und Umkehrplastik. Das war 2002. Bei einem Fachseminar später wurde dann Sitzvolleyball als geeigneter Sport vorgestellt. „Da ich zuvor Basketballer war, wollte ich wieder einen Ballsport machen“, so der gebürtige Berliner. „Deshalb wusste ich sofort, Sitzvolleyball passt zu mir.” Er startete 2004 beim Berliner SSC und wechselte später zum TSV Bayer 04 Leverkusen, für den er noch heute spielt.

„Sitzvolleyball ist ein Supersport – auf nationaler wie auf internationaler Ebene”, sagt der Nationalspieler. „Es ist ein toller Mannschaftssport und nach meiner Einschätzung der schnellste Ballsport der Welt!“ Die Geschwindigkeit, mit der ein Spiel vonstatten geht, war es denn auch, die Stefan Hähnlein bewogen hat, sich fürs Sitzvolleyball zu entscheiden und bis heute mit Leidenschaft Teil der Mannschaft zu sein.

„Wenn gute Spieler auf dem Feld sind und die Kombinationen und Koordinationen stimmen, kommen Superspielzüge dabei heraus. Das macht den Sport so attraktiv.” Seine persönliche Stärke ist das Zuspiel. Sein persönliches Highlight erlebte Stefan Hähnlein ebenfalls 2012 in London: Da wurde der Spieler mit der deutschen Mannschaft aufgrund einer tollen Teamleistung Dritter.

Fazit

Sitzvolleyball spricht Menschen an, die einen schnellen Ballsport lieben und ihren Körper im Sitzen voll einsetzen wollen. Im Grunde ist die Sportart perfekt für Freunde mit Beinbehinderungen und ohne Einschränkung, die gemeinsam Sport treiben wollen. Probiert es aus! Zehn Vereine gibt es in Deutschland, inklusive Bremen, wo gerade eine Mannschaft aufgebaut wird. Die weiteren Stützpunkte sind in Dresden, Leipzig, Magdeburg, Berlin, Potsdam, Hamburg, Leverkusen, Koblenz und Hoffenheim. Kontakt über www.dbs-npc.de

(Text: Brigitte Muschiol)

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