MOBITIPP: Herr Machens, wie sind Sie denn zum Tanzsport gekommen?
Erik Machens: Der Anstoß kam von zwei charmanten Mitschülerinnen. Bei einer Schulparty stand ich etwas ratlos mit dem Rollstuhl am Rande des Geschehens. Da fragten sie mich, ob es mir eigentlich Spaß mache, tanzenden Leuten zuzuschauen. Gleichzeitig zogen sie mich auf die Tanzfläche, wo ich mich auf Anhieb pudelwohl fühlte.
Nach diesem Erlebnis suchte ich mir in meiner Heimatstadt eine Stammdisco und war seitdem nahezu jedes Wochenende dort. Zu Studienzeiten bin ich im Anschluss an ein integratives Musical und einen Rollstuhltanzworkshop des Bundestrainers nach einem Jahr schweißtreibenden Trainings ins Turniergeschehen geschubst wurden. Das war dann die Weltmeisterschaft in Hannover.
MOBITIPP: Was bedeutet das Tanzen für Sie?
Erik Machens: Ich möchte den Bogen weiterspannen: Was bedeutet Sport für mich? Sport steht für mich für einen großen Sprung in meiner Persönlichkeitsentwicklung vom schüchternen, etwas unbeholfenen Erik, zu dem, was ich heute bin und sein darf. Sport verweist auf unsere Möglichkeiten und nicht auf unsere vermeintlichen Mängel. Allen, die mich auf diesem Weg unermüdlich gefördert und unterstützt haben, bin ich dafür dankbar.
Der organisierte Sport in Deutschland, mit all den Ehrenamtlichen und der ganzen Leidenschaft, mit der er ausgeübt wird – das kann schon ein Leben verändern. Hier geht es um die eigenen Fähigkeiten – körperlich, geistig, psychisch, sozial. Es geht um das Herantasten an eigene Grenzen und um unsere Entwicklung.
MOBITIPP: Haben Sie ein persönliches Erfolgsgeheimnis?
Erik Machens: Ich denke von Turnier zu Turnier. Jetzt bereite ich mich auf das nächste Turnier in den Niederlanden vor. Danach sind die Deutschen Meisterschaften. Die habe ich aber noch gar nicht wirklich im Blick. Wenn man nur an Ziele denkt, verkrampft man leicht.
Für mich ist der Weg das Ziel. Wenn man sich jeweils den nächsten Schritt konzentriert und ihn gut hinbekommt, zieht man daraus die Energie, sich stetig zu verbessern. Die Leistung kommt dann von ganz alleine. Ganz wichtig: Ich komme vom Spaß zum Erfolg und erst dann wiederum vom Erfolg zum Spaß am Erfolg.
MOBITIPP: Sind Sie Profitänzer?
Erik Machens: So halb, das wäre ich gerne. Der Tanzsport nimmt zwar einen großen Teil meines Lebens ein. Aber vom Para-Tanzsport kann man nicht wirklich leben – bisher. Deshalb würde ich mich eher als Semi-Profi bezeichnen. Glücklicherweise kann ich meinen Sport mit meinem Beruf als freier Grafikdesigner und Kundenberater einer großen Firma verbinden.
Es entwickelt sich aber viel Positives. Neben gelegentlichen Workshops gebe ich beim RHTC Rheine seit etwa fünf Jahren Tanzunterricht. Meine Trainingsbedingungen sind gut. Ich kann dort die ausgezeichnete Trainingshalle in Anspruch nehmen. Auch beim Osnabrücker Sportclub in meiner Wahlheimat Osnabrück stehen mir Trainingszeiten zur Verfügung. Als Turniertanzsportler starte ich seit letzter Saison nun für den gut aufgestellten Turn-Klubb zu Hannover.
MOBITIPP: Wie oft und wie lange trainieren Sie?
Erik Machens: Als absolutes Minimum trainiere ich dreimal die Woche drei Stunden lang in der Halle. Teils gnadenlos auch, wenn ich mich mal nicht gut fühle. Etwa einen Monat vor einem Turnier stehe ich fünf- bis sechsmal wöchentlich auf der Fläche. Dazu gehört auch Kraft- und Ausdauertraining. Wenn die Tage wieder länger werden, bin ich dann gerne draußen und fahre zum Beispiel ausgiebig über die unmöglichsten Pisten und Waldwege.
MOBITIPP: Haben Sie einen professionellen Trainer?
Erik Machens: Ich nenne mal drei Namen: Seit letztem Jahr arbeite ich hauptsächlich mit dem niederländischen Trainer Ton Greten zusammen. Aber auch Rudi Grabon und Heiko Kleibrink haben mich in den letzten Jahren sehr unterstützt.
MOBITIPP: Was muss ein Rollstuhl können, damit er für den Tanzsport geeignet ist?
Erik Machens: Wichtig ist, auch im Interesse eines stehenden Tanzpartners oder Tanzpartnerin, ein Aktivrollstuhl. Standardrollstuhlstühle können circa zwölf Kilo wiegen – da hat ein stehender Partner ordentlich was zu stemmen. Der Rollstuhl muss leicht und wendig sein. Da spielen Materialien, kompakte und gut angepasste Maße und Bereifung eine wichtige Rolle. Der Einstieg oder das Tanzen im Hobbybereich ist aber mit jedem Rollstuhl möglich.
MOBITIPP: Ist der Para-Tanzsport besonders kostspielig?
Erik Machens: Das kommt auf die Liga an, in der man tanzen will. Wer sich zu Hause zu Radiomusik bewegt, um etwas für seine Fitness zu tun, hat kaum Kosten. Zunehmend bietet der Vereinssport Angebote, die erschwinglich und qualitativ gut sind.
Beim Übergang vom Breitensport zum Leistungssport können bereits immense Fahrkosten anfallen. Der Leistungssport ist allgemein kostenintensiv: Es gibt zum Beispiel Pflichttermine im Ausland, die passende Sportkleidung muss angeschafft werden, berufliche Einbußen durch erhöhtes Training und viele Pflichttermine sind unvermeidlich. Das alles ist ohne Sponsoren kaum zu schaffen, von denen ich glücklicherweise schon zwei gefunden habe.
MOBITIPP: Was gefällt Ihnen am Unterrichten?
Erik Machens: Über die Jahre habe ich ein gewisses Auge dafür entwickelt, was in anderen Menschen steckt. Ich liebe es, dieses Potenzial aus Menschen herauszukitzeln, die wirklich bereit sind, sich auf den Tanzsport einzulassen. Es berührt mich jedes Mal aufs Neue, wenn es gelingt, verborgene Facetten einer Persönlichkeit zu entdecken. In etwa, wie es mit mir zu Beginn auch war. Dafür brenne ich!
MOBITIPP: Kann jeder Mensch tanzen?
Erik Machens: Jeder, der sich bewusst auf das Tanzen einlassen mag, kann tanzen! Auch ein gewisses Alter ist kein Hinderungsgrund. Kürzlich habe ich mit einem über 70-jährigen Klubmitglied Disco-Fox getanzt. Da hat der Boden geglüht!
Kontakt zu Erik Machens:
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