Worms, Darmstadt, Osnabrück, Gifhorn – Stationen der Konzertlesungen von Samuel Koch mit Samuel Harfst in den ersten Juni-Tagen 2018. Davor eine bundesweite Promotion-Tour für den Kinofilm „Draußen in meinem Kopf“, in dem er seine erste Kinohauptrolle spielt. Dazwischen Auftritte als Philinte in Molières Komödie „Der Menschenfeind“ am Staatstheater Darmstadt und Termine für soziale Projekte, die ihm am Herzen liegen. Selbst im kurzen USA-Urlaub dazwischen standen berufliche Termine an: Samuel Koch traf sich mit einem Autor des Filmstudio Warner Brothers. Seine Ehefrau, die Schauspielerin Sarah Elena Timpe, nahm Einladungen zu Castings wahr.
Ein Gespräch mit dem 30-Jährigen ergibt sich schließlich an einem Freitagabend auf der Rückfahrt im Auto von einer Veranstaltung nach Hause, wo er am Sonntag wieder auf der Bühne stand. Samuel Koch ist entspannt, offen und kommt bei seinen Antworten direkt zum Punkt.
Das Schauspielstudium erfolgreich abgeschlossen
Seine Vorgeschichte ist vielen Menschen bekannt: Seit einem schweren Sturz bei einer Wette in der Fernsehshow „Wetten, dass…?“ Ende 2010 sitzt Samuel Koch hochgelähmt im Rollstuhl. Zuvor hatte er in Hamburg und Hannover Schauspiel studiert. Dieses Studium nimmt er später wieder auf, arbeitet währenddessen bei Film- und Fernsehproduktionen in München, Hamburg und Berlin als Regieassistent. Anfang 2014 besteht er an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover die Schauspielprüfung. Wenige Monate später wird Samuel Koch Ensemblemitglied des Staatstheaters Darmstadt. Seitdem kommt seine Karriere im Eiltempo voran. Zur Spielzeit 2018/19 wechselt er ans Nationaltheater Mannheim.
Unverzichtbares Hilfsmittel bei der Ausübung seines Berufs ist ein umgebautes Elektromobil von Mobilis, das er per Joystick steuert. Angepasste Armlehnen mit einer zusätzlichen Führung für die Ellbogen geben dem Schauspieler mehr Halt. „Ich habe es noch während des Studiums für die Theaterarbeit angeschafft, weil sich gezeigt hat, dass ein Elektrorollstuhl dafür nicht geeignet ist“, sagt Samuel Koch.
Der Mensch rückt in den Vordergrund
Das Elektromobil bietet viele Vorteile: Es ist erheblich leichter als ein Elektrorollstuhl, wendiger und geräuschärmer. Außerdem lässt es sich mit wenigen Handgriffen zerlegen und in einem Pkw verstauen. „Das Tolle ist, dass man den Sitz abstecken und das Fundament in drei Teile zerlegen kann. Der Akku ist herausnehmbar. Selbst die Vorder- und Hinterräder kann man separat transportieren. Ideal für jemanden wie mich, der viel verreist.“ Vor Ort können Helfer das Fahrzeug problemlos ein paar Stufen hochtragen. Auch auf Flugreisen war das E-Mobil schon dabei.
Das ist aber nur die praktische Seite der Geschichte. Mindestens ebenso wichtig ist Samuel Koch das Lebensgefühl, das ihm sein Elektromobil vermittelt: „Ich habe ein ganz schlichtes Modell, das fast wie ein Bürostuhl wirkt. Damit fühle ich mich mehr als eigenständiger Mensch als im Elektrorollstuhl, der einen fast wie ein Panzer umgibt und mit seiner Technik sehr auffällt.“ Natürlich habe auch ein E-Rollstuhl seine Vorzüge – aber eben nicht für die Theaterarbeit.
Vielversprechender Karriereverlauf
Neben dem Wohlgefühl zählt auf der Bühne auch das Erscheinungsbild: „Im E-Mobil können mich die Zuschauer unbewusst als Darsteller wahrnehmen, der auf einem Stuhl mit Rollen sitzt. Da gibt es keine optischen Ablenkungen.“ Der E-Rollstuhl mit seiner ihm eigenen Kompaktheit würde die Behinderung nur schwer vergessen lassen.
Die berufliche Karriere von Samuel Koch verläuft jedenfalls überaus vielseitig und vielversprechend: Goethes Faust, Schillers Räuber, Kafka-Abende, Lese- und Konzertabende. Im Frühjahr 2018 lief der viel gelobte Kinofilm „Draußen in meinem Kopf“. Mit dem Engagement am Nationaltheater Mannheim ab der Spielzeit 2018/19 öffnen sich neue Perspektiven für eine schauspielerische Weiterentwicklung. Ein spannendes Fernsehprojekt ist schon weit gediehen, aber zum Redaktionsschluss noch nicht in allen Einzelheiten spruchreif: In einer neuen Serie spielt Samuel Koch einen Kommissar.
Engagement für soziale Projekte
Neben den beruflichen Aufgaben nutzt Samuel Koch seine Bekanntheit, um zahlreiche soziale Organisationen und Initiativen zu unterstützen und anderen Menschen mit Behinderung Mut zu machen. So engagiert er sich seit Langem in der Rückenmarksforschung, unterstützt zum Beispiel die DSQ Deutsche Stiftung Querschnittlähmung und ist einer der prominenten Botschafter der Stiftung Wings For Life, die Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz mit ins Leben gerufen hat. Außerdem hält er immer wieder Vorträge an Ärzte- und Pflegekongressen, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen.
Wer nun denkt, dass die Hilfsmittelversorgung für einen Prominenten wie Samuel Koch kein Thema ist, liegt falsch. Ihm würden zum Beispiel Hilfsmittel verweigert mit der Begründung, dass man es sonst allen bewilligen müsse, sagt Samuel Koch. Er würde sich wünschen, dass „alle Gewerke zusammenarbeiten und neue Erkenntnisse teilen, damit für die Menschen schneller bessere Hilfsmittel entwickelt werden können“. Klingt unrealistisch, aber wer sich selbst komplett neu erfinden musste, weiß, was der Wille vermag.
Mehr zu Samuel Koch und seinen nächsten Vorstellungen und Terminen findet ihr hier: www.samuel-koch.com