Karoline Böhnke aus Neustadt/Ostholstein an der Ostsee haben wir kurz vor der Geburt ihrer zweiten Tochter kennengelernt. Wir wollten wissen, wie eine Mutter im Rollstuhl mit zwei kleinen Kindern ihr Leben meistert. Wir haben eine entspannte junge Frau getroffen, die sich in einen großen Familien- und Freundeskreis eingebunden weiß und mit ihrem Optimismus, ihrer Tatkraft und guten Laune überall gern gesehen ist.
Für ihren Traumberuf hat sie gekämpft
Mit der zehnjährigen Josefine und der siebenjährigen Antonia ist Karoline Böhnkes Wunsch nach einer Familie mit eigenen Kindern in Erfüllung gegangen. „Mir war früh klar, dass sich mein Leben intensiv um Kinder drehen soll“, sagt die 35-Jährige. Da lag ihr Berufswunsch „Erzieherin“ nahe. „Dass ich als Rollstuhlfahrerin überhaupt eine Ausbildung machen konnte, war keineswegs selbstverständlich. Ich musste da schon am Ball bleiben und einiges wegstecken. Aber inzwischen habe ich längst bewiesen, dass ich den Aufgaben gewachsen bin. Heute begleiten Kinder mein Leben.“
Vormittags arbeitet Karoline Böhnke in einer städtischen Kinderkrippe. Über ihre Aufgabe sagt die Erzieherin: „Es gibt nichts Schöneres, als mit wissbegierigen, fröhlichen Kindern zu arbeiten.“ Der Nachmittag ist zum großen Teil ihren Töchtern gewidmet, die sie bei der Ausübung ihrer Hobbys, wie das Handballspiel unterstützt. „Stefan und mir liegt daran, dass die Mädchen so selbstständig wie möglich aufwachsen“, sagt Karoline Böhnke. „So wurde ich auch erzogen. Das kommt mir bis heute zugute.“
Ihr großes Netzwerk macht vieles möglich
Damit Karoline im Alltag nahezu völlig alleine zurechtkommt, hat das Ehepaar Böhnke das Haus weitgehend an ihre Bedürfnisse angepasst: Ein Treppenlift führt ins obere Stockwerk. Mit einem anderen Lift, Marke Eigenbau, kommt sie in den Garten. Die Küche ist mit einem unterfahrbaren Herd und tiefergelegten Schränken und Backofen ausgestattet. Vor der Geburt der Töchter hat Stefan zum Beispiel die Wickelkommode tiefergelegt und einen speziellen Ein- und Ausstieg für die Kleinen konstruiert, damit sie nicht von oben herausgehoben werden müssen. „Ich kann gar nicht oft genug sagen, wie stolz ich auf meine Mutter und auf meinen Mann bin, die immer an meiner Seite sind.“
Die Zimmer bringt eine Putzhilfe auf Vordermann. Hilfsbereite Nachbarn, Freunde und ihre Familie kommen auch mal kurzfristig vorbei, um Karoline zur Hand zu gehen und beispielsweise große Wäschestücke aufzuhängen. Selbst die Golden Retriever-Hündin Frieda trägt ihr Scherflein im „Team Karo“ bei: Sie ist darauf trainiert, Gegenstände aufzuheben, heruntergefallene Wäscheklammern zum Beispiel. Klingt nach einer Kleinigkeit, ist aber wertvoll – wenn es sich zum Beispiel um den Hausschlüssel handelt.
Lückenlos mobil dank verschiedenster Hilfsmittel
Bleibt noch die Frage nach der Mobilität: „Mit meinem kleinen, sportlichen Aktivrollstuhl, meinem Rollstuhlzuggerät, dem umgerüsteten Auto und mit meinem umgebauten Segway komme ich überall hin. Weil mein Mann beruflich viel unterwegs ist, kann ich mit unseren Töchtern trotzdem unabhängig unterwegs sein.“
Aufgrund ihrer angeborenen Behinderung ist Karoline mit sechs Jahren in den Rollstuhl gekommen. An die ersten Erfahrungen kann sie sich gar nicht mehr erinnern: „Meine Eltern sagten mir, dass ich immer stolz auf meinen knallroten Rollstuhl war. Ich weiß auch, dass ich schon immer ein aktives Kind war und sofort gewusst habe, wie man ihn handhabt.“
Auch mal eine Sohle aufs Parkett legen
Derzeit fährt sie einen kleinen, sportlichen, leichten Aktivrollstuhl von Sopur. Besonders wichtig war Karoline Böhnke, dass der Rollstuhl wendig ist: „Dadurch kann ich auch auf Tanzveranstaltungen eine Sohle aufs Parkett legen.“ Denn Musik, insbesondere die fröhlichen Konzerte des Schlagerbarden Dieter Thomas Kuhn, bringt Leichtigkeit in ihr Leben.
Für die Töchter Antonia und Josefine ist es normal, dass ihre Mutter im Rollstuhl sitzt, sagt Karoline Böhnke. „An manchen Tagen sind sie schon mal genervt, wenn sie den Rollstuhl ins Auto heben müssen oder traurig, wenn ich nicht mit ihnen Achterbahn fahren kann. Aber ich weiß, dass sie auch ein bisschen stolz sind, dass ihre Mutter alles so gut meistert!“
Schlechte Erfahrungen mit ihren Mitmenschen wegen des Rollstuhls fallen der jungen Frau kaum ein. Im Gegenteil: „Viele zeigen echtes Interesse. Dadurch habe ich schon viele nette Menschen kennengelernt.“ Ihre Familie und Freunde unterstützen sie ohnehin. Bei unüberwindbaren Barrieren wird sie auch schon mal huckepack getragen.
Der Rollstuhl eröffnet Möglichkeiten
Das entspricht ganz ihrer pragmatischen Art, mit ihrer Behinderung umzugehen. „Als Mutter und Erzieherin bin ich auf meinen Rollstuhl angewiesen. Oder andersherum: Ohne meinen Rollstuhl hätte ich persönlich und beruflich keine so tollen Perspektiven gehabt.“ Ihr Aktivrollstuhl hält sie fit und trägt dazu bei, späteren Rückenschmerzen vorzubeugen.
Wie sieht der Traumrolli von Karoline aus? „Leicht, wendig, so klein wie möglich, zusammenklappbar. Vielleicht ein paar Accessoires wie Strasssteine am Rahmen. Außerdem ein leichter Stützenhalter, eine Handyhalterung – und im Winter Kufen zum Ausklappen.“ Das müsste sich doch machen lassen!