Laden ist das neue Tanken: Dieser Slogan soll die neue Ära der Elektromobilität auf den Punkt bringen. Doch die Transformation vom Verbrennungsmotor auf den E-Antrieb bedeutet nicht nur eine neuartige Fahrzeugtechnik. Auch das Tankstellennetz der Zukunft ist dabei, sich völlig zu verändern. Für die meisten nicht behinderten Autofahrer:innen dürfte die Umstellung auf die neuen Ladestationen kein großes Problem sein. Für Menschen mit Behinderung und Senior:innen sieht das anders aus.
Fahrzeugtechnik passt sich an – Ladeinfrastruktur kommt nur zögerlich voran
Zwar können sie mithilfe fachmännisch umgerüsteter Elektrofahrzeuge auch weiterhin wie gewohnt mobil bleiben. Denn etwa die Mitgliedsbetriebe des Verband der Fahrzeugumrüster in Deutschland e.V., kurz VFMP, entwickeln schon lange technische Lösungen für die Anpassung der neuen E-Fahrzeugmodelle der Automobilhersteller an die Anforderungen ihrer mobilitätseingeschränkten Kund:innen. MOBITIPP berichtete mehrfach darüber.
Doch das ist nur eine Seite der Mobilität. Denn beim Aufbau einer barrierefreien Ladeinfrastruktur hapert es noch gewaltig. Ein einfaches und gut funktionierendes Tankstellensystem für Menschen mit Behinderung und Senior:innen wie es sich bei den Verbrennern etabliert hat, ist höchstens ansatzweise in Sicht. Ändert sich nicht sofort und grundlegend etwas, wären ausgerechnet die Menschen, die aufgrund ihrer Lebenssituation kaum Alternativen zu ihrer persönlichen (Auto-)Mobilität haben, absehbar weitgehend von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Dieses Szenario entspräche weder der UN-Behindertenrechtskonvention noch der deutschen Gesetzgebung.
Wenn Rollstuhlfahrer:innen gar nicht aussteigen können
Noch stoßen Menschen mit Behinderung beim Laden ihres E-Fahrzeugs auf viele Barrieren. Ladesäulen erweisen sich häufig als kaum zugänglich. Viele stehen auf Podesten oder in Grünstreifen, – für Rollstuhlfahrer sind sie dann kaum erreichbar. Im Bemühen, den Autofahrer:innen schnell viele Ladeplätze zur Verfügung zu stellen, liege sie räumlich oft sehr eng nebeneinander. Für Rollstuhlfahrer:innen oder Nutzer:innen von Rollatoren und anderen Gehhilfen bedeutet das, dass sie ihr Fahrzeug bei voller Auslastung der Ladestationen gar nicht oder nur schwer verlassen können. Da die Ladeparks der Zukunft weitgehend ohne Personal auskommen sollen, können Menschen, die Hilfe beim Ladevorgang benötigen, auch nicht mehr verlässlich mit freundlicher Unterstützung rechnen.
Verband der Autoumrüster macht auf Problematik aufmerksam
Um auf diese Problematik beim Aufbau der Ladeinfrastruktur auf breiter Front aufmerksam zu machen, hat sich der Verband der Autoumrüster in Deutschland jetzt an die Öffentlichkeit gewandt. Die Vertreter des VFMP appellieren an die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, beim Aufbau der Ladestruktur für Elektroautos die Belange der Barrierefreiheit ab sofort konsequent zu berücksichtigen. Frank Rösner, 1. Vorsitzender des VFMP, betont in einer Presseinformation des Verbandes: „Abgesehen von der moralischen Verpflichtung gegenüber Menschen mit Behinderung lässt die Rechtslage in Deutschland keinen Zweifel daran, dass die Ladeinfrastruktur am Ende sowieso barrierefrei sein muss.“ Nach Ansicht aller Beteiligten sei es deshalb viel besser, „die Infrastruktur von vorneherein barrierefrei aufzubauen, als sie später für viel Geld entsprechend umrüsten zu müssen.“
Den VFMP findet man hier im Internet.
Die Webseite des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bietet einen aktuellen Überblick über die bereits vorhandenen Ladestationen in Deutschland: