Mit Lachyoga zu mehr Lebensfreude

Lachen tut gut und verbindet Menschen mit und ohne Einschränkungen.

Von Tai-Chi bis zum Bogenschießen: Viele angesagte Methoden zur Entspannung und Selbsterfahrung setzen weitgehende motorische Fähigkeiten voraus. Beim Lachyoga reicht es, wenn Sie lachen können. Ok, anfangs kostet es vielleicht noch etwas Mut, mal grundlos loszuprusten und sich auf das dann beginnende Abenteuer einzulassen. Der Nutzen dieses Yoga-Stils ist aber unbestritten. Für Menschen mit Behinderung gilt das in besonderer Weise.
Lachende Frau
(c) shutterstock
Lachen ist gesund

Lachen ist gesund. Es fördert die Kreativität und die gute Laune. Dafür sorgen Glückshormone wie Endorphine, Dopamine und Serotonine, die beim Lachen vermehrt freigesetzt werden. Wer lacht, baut auf spielerische Weise Stress ab. Der Verstand hat Sendepause, Körper und Geist entspannen. Lebensfreude macht sich breit. Lachen ist zudem nicht nur vorbeugend gesund. Es kann auch Heilungsprozesse anstoßen und unterstützen.

Trotz der spürbar positiven Wirkung verlernen wir im Laufe des Lebens, Gelegenheiten zum Lachen wahrzunehmen und unseren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Während Kinder Wissenschaftlern zufolge noch 300 bis 400 Mal am Tag einen Grund zum Lachen finden, schaffen dies Erwachsene nur noch acht bis 15 Mal, wenn überhaupt. Die gute Nachricht: Das befreite Lachen kann man wieder erlernen. Der Reflex wurde uns von der Natur als eine Art Überlebensmechanismus mitgegeben und geht nicht wirklich verloren. Auch wer aus der Übung ist, kann direkt wieder einsteigen. Schon ein Lächeln ist ein guter Anfang.

Yogalachen: Vom künstlichen zum echten Lachen

Ein Weg, wieder Anschluss an die Leichtigkeit des Seins zu finden, ist das Lachyoga. Gehört hat wohl schon jeder von der etwa 3.000 Jahre alten indischen Form des Yoga. Im Kern geht es darum, grundlos laut und ungehemmt zu lachen, bis daraus unwillkürlich ein echtes Lachen wird. Dieses scheinbar grundlose Lachen steht im Vordergrund des Hasya-Yoga, wie das Lachyoga in der indischen Gelehrtensprache Sanskrit heißt. Lachyoga gibt den Praktizierenden Übungen an die Hand, die auch wirken, wenn einem eigentlich nicht zum Lachen zumute ist oder man gerade niemanden hat, der einen guten Witz kennt. So bleibt das Lachen nicht dem Zufall überlassen, sondern kann bewusst hervorgerufen werden.

Auf Außenstehende mag der Anblick von Menschen, die das Lachyoga praktizieren, vielleicht ein bisschen seltsam wirken. Sich den Bauch gemütlich wie ein dicker Mönch zu halten und dabei aus vollem Halse zu lachen, ist keine Alltagssituation. Aber wer weiß, dass bei dieser Übung besonders der Unterbauch massiert wird, wird sich damit bald anfreunden. Ähnliches gilt für das „Milchshake“-Lachen, bei dem man mit ausgestreckten Armen in jeder Hand einen fiktiven Becher hält und die Zutaten mit Schwung hin und her mischt und zwischendurch lachend einen großen Schluck nimmt. Ob man gedanklich Erdbeeren und Milch mischt oder sich das Ganze lieber mit Teeblättern und Wasser vorstellt, bleibt jedem selbst überlassen. In jedem Fall profitieren insbesondere die Lungen von der Übung.

Rund 400 Übungen für jeden

Obwohl reich an Tradition, wurde das Lachyoga erst Mitte der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts durch den indischen Arzt Madan Kataria populär. Er gründete 1995 den ersten Lachclub. Inzwischen schätzt man ihre Anzahl weltweit auf mehr als 5.000. In Deutschland hat sich unter anderem der Lachyoga-Therapeut Christoph Emmelmann um diese Yoga-Bewegung verdient gemacht. Er hatte während seiner langjährigen Tätigkeit im Baumanagement relativ wenig zu lachen und fand sich schließlich im Alter von 40 Jahren im Krankenhaus wieder, weil er stressbedingt eine neue Herzklappe benötigte. Damals wurde ihm bewusst, dass er in seinem Leben etwas ändern muss und stieß fast gleichzeitig auf das Lachyoga. Inzwischen bringt er selbst hoch bezahlte Manager zum Lachen.

Mittlerweile gibt es überall in Deutschland Gruppen und Schulungen, die das Hasya-Yoga praktizieren. Von den rund 400 bekannten Übungen gehören etwa 50 zum Standardrepertoire. Pandemiebedingt finden derzeit wohl noch alle Kurse und Einzeltrainings online statt. Auch in der medizinischen Wissenschaft stößt Lachyoga auf immer mehr Interesse. Sogar einen Lachverband gibt es inzwischen. Der „Europäische Berufsverband für Lachyoga und Humortraining e.V.“ in München nimmt das Lachen nach eigenen Aussagen ernst und fördert Menschen, die Lachyoga und Humortraining beruflich einsetzen wollen.

Professionelle Anleitung ist hilfreich

Lachyoga kann im Prinzip von jedem jederzeit und überall ausgeübt werden. Die Übungen können einzeln, zu zweit oder in Gruppen durchgeführt werden. Wer mit Einschränkungen beispielsweise durch Herzbeschwerden, Harn- und Stuhlinkontinenz oder durch einen Bandscheibenvorfall lebt, sollte allerdings vorsichtshalber mit seinem Arzt Rücksprache halten. Gleiches ist bei Einnahme von Psychopharmaka oder schwerem Depressionsverlauf angeraten.

Besondere Fähigkeiten, Hilfsmittel oder spezifische Kleidung sind für einen künftigen Lachyogi nicht erforderlich. In den meisten klassischen Lachyogakursen wird allerdings oft mit Klatschübungen und/oder Arm- und Körperbewegungen gearbeitet. Diese dienen aber meistens eher zur Auflockerung und sind für das Lachyoga selbst nicht unbedingt nötig. Auch Menschen, die fast keinerlei Körperkontrolle mehr haben, können Lachyoga betreiben, wenn es ihnen gelingt, künstlich zu lachen. Wichtig ist nämlich die innere Einstellung, nicht so sehr die körperliche Bewegung.

Fachleute empfehlen Anfängern, sich erst einmal in einem Kurs professionell anleiten zu lassen. Das baut zum einen etwaige Hemmungen ab. Zum anderen lernt man in den Kursen den gezielten Einsatz von Übungen. Je nachdem, wie man lacht, werden nämlich verschiedene Muskeln beansprucht und verschiedene Körperregionen besonders gut durchblutet. Außerdem erhöht sich das Lungenvolumen und man kommt schrittweise zu einer tieferen Atmung. Das tut zum Beispiel im Rollstuhl besonders gut.

Den negativen Gedanken ein Schnippchen schlagen

Der wesentliche Gewinn beim Lachyoga ist der Zuwachs an Lebensqualität. Wer lacht, kann nicht gleichzeitig denken. Das führt zu wohltuender Entspannung. Menschen gehen schätzungsweise 50.000 bis 80.000 Gedanken täglich durch den Kopf. Etwa 80 Prozent davon sind negativ. Da ist es schon sehr entlastend, wenn es auch nur gelingt, einen Teil davon lachend ins Positive zu wenden. So gesehen lässt sich Lebensfreude regelrecht trainieren. Wo der Intellekt lachend ausgetrickst wird, bietet sich neuen Sicht- und Verhaltensweisen eine Chance, sich auf Dauer zu etablieren.

Nebenbei verbindet Lachyoga alle Menschen. Beim gemeinsamen Lachen ist es nicht wichtig, ob jemand eine Million auf dem Konto hat, eine andere Sprache spricht oder im Rollstuhl sitzt. Es wirkt integrativ, weil Unterschiede keine Rolle spielen. Was zählt, ist der Mensch. Und der ist mit und ohne Einschränkungen attraktiver, wenn er mit gutem Humor und Lebensfreude ausgestattet ist.

Das kleine Lachyoga-Buch

Wer erst einmal in den eigenen vier Wänden ausprobieren will, wie sich Lachyoga anfühlt, findet im kleinen Lachyoga-Buch von Christoph Emmelmann neben einer kurzen theoretischen Einleitung und zahlreiche praktische Übungen (Das kleine Lachyoga-Buch von Christoph Emmelmann kostet 5,90 Euro und ist im DTV erschienen. ISBN: 978-3-423-34957-4. Auch als E-Book erhältlich.) Auch auf YouTube kann man in einem Video von Carmen Goglin, Gründerin der Reutlinger Lachschule, einen ersten Eindruck vom Lachyoga gewinnen: https://www.youtube.com/watch?v=sBPO33IgeMc.

(Text: Brigitte Muschiol)

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