Ottobock kauft schwedische Entwicklerfirma des Mollii-Anzugs

Mit der Akquisition von Exoneural Network erweitern die Duderstädter ihre Neuro-Orthetik.

Das Medizintechnikunternehmen Ottobock hat Mitte Januar das Start-up Exoneural Network übernommen. Die schwedische Firma hat den neuartigen „Exopulse Mollii Suit“ entwickelt. Dieser Anzug löst nach Angaben der Duderstädter verkrampfte Muskeln mit elektrischen Impulsen. Dadurch kann er Menschen mit Spastiken, etwa nach Schlaganfall und bei Parkinson, mobilisieren und ihnen ein aktiveres Leben ermöglichen.
Mädchen sitzend mit Exoskelett und Hund
© Exoneural Network / Ottobock
Der Exopulse Mollii Suit macht Lea mobiler
Lea trägt den Exopulse Mollii Suit, der verkrampfte Muskeln mit elektrischen Impulsen löst und ihr mit ihrer Cerebralparese zu einem aktiveren Leben verhilft.

Mit der vollständigen Übernahme von Exoneural Network erweitert das international tätige Medizintechnikunternehmen Ottobock sein Portfolio auf dem Gebiet der Neuro-Orthetik: „Neben einer breiteren Versorgung der Anwender setzen wir auf Synergieeffekte zwischen der Technologie des Start-ups und unseren orthetischen Versorgungen“, sagt CEO Philipp Schulte-Noelle. „Die Akquisition passt perfekt in unsere Strategie in der Neuro-Orthetik zur Bekämpfung von Muskelerkrankungen. Mit den neuen Kolleginnen und Kollegen aus Vertrieb, Forschung und Entwicklung arbeiten wir nun an der Integration in die Ottobock Familie.“

Entwicklung, Produktion und Zulieferung sollen demnach in der Verantwortung von Exoneural Network verbleiben. Ottobock übernimmt die globale Distribution und erschließt den Markt für die Technologie.

Anwendungsgebiete

Mädchen mit Exoskelett spielt in Sporthalle Basketball
© Exoneural Network / Ottobock

Verkrampfte, steife, schmerzende oder unkontrolliert zuckende Muskeln sind die Folgen spastischer Lähmungen und anderer neurologischer Bewegungsstörungen. Sie werden etwa durch Schlaganfälle, Cerebralparese, Parkinson oder Multiple Sklerose ausgelöst. Die ehemalige schwedische Ski-Crossathletin Anna Holmlund erlangte nach schweren Hirnverletzungen bei einem Unfall einen Teil ihrer Beweglichkeit zurück, teilt Ottobock mit.

So funktioniert der Elektroanzug

So wird die Funktionsweise beschrieben: Der einteilige Anzug ist mit 58 Elektroden bestückt, die Therapeuten per Steuerung individuell auf den jeweiligen Träger einstellen. Niederfrequente Elektrostimulation entspannt die Muskeln, erhöht die Blutzirkulation und stellt bei Spastiken das gehemmte Gleichgewicht zwischen Muskelpaaren wieder her. Wenn etwa der Bizeps verkrampft, stimuliert der Anzug den Trizeps, um den Bizeps zu lockern. Damit ist die Technik komplementär zur Funktionellen Elektrostimulation (FES), bei der durch kleine elektrische Impulse Nerven stimuliert und damit Bewegungen ausgelöst werden.

Praxisbeispiel aus Deutschland

Kevin Weber leidet unter Parkinsonismus und zuckte häufig am ganzen Körper, so Ottobock. Durch die Nervenkrankheit verkrampfen Muskeln. Das schmerzt und erschwert einfachste Dinge wie Gehen und Essen. Ein Video veranschaulicht die Wirkung des Mollii Suit auf den jungen Mann: https://www.exopulse.com/mollii-user/parkinsonism-idiopathic-tremor-trial/

(Text: Julia Wagner)

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© Exoneural Network / Ottobock
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