Am 25. August hatten Medienschaffende in Deutschland die Gelegenheit zu einem virtuellen Werkstatt-Rundgang – geführt von Peter Franzel, Head of Global Events, Exhibitions & Sports bei Ottobock.
11 Uhr in Deutschland. Ortszeit in Tokio: 18 Uhr. Der große Andrang der Paralympioniken hat nachgelassen. Doch noch immer haben die Experten gut zu tun. Der Tag ist auch noch lange nicht vorbei: Die Hauptwerkstatt auf einer Fläche von 700 Quadratmetern hat von 8 bis 23 Uhr geöffnet. Für den Notfall ist eine 24-Stunden-Hotline geschaltet. Zusätzlich zur Hauptwerkstatt hat das Team von Ottobock bisher noch zwölf Servicepunkte im Paralympischen Dorf eingerichtet.
Hilfsmittel unter besonderer Beanspruchung
106 Expertinnen und Experten von Ottobock aus 24 Ländern in Tokio. Zum Team gehören Orthopädietechniker, Rollstuhlspezialisten und Schweißer – Rollstühle, Orthesen, Prothesen und andere Hilfsmittel müssen während der Spiele extremen Belastungen aushalten. Aber auch Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung, Marketing, Forschung und Entwicklung sind dabei, um den Betrieb am Laufen zu halten.
„Besonders an den ersten Tagen, noch vor der Eröffnung der Spiele, läuft die Werkstatt auf Hochtouren”, so Peter Franzel. „Unsere Experten überprüfen, ob die Sportausrüstungen nach dem langen Transport nach Japan noch hundertprozentig funktionieren und machen sie wettkampftauglich. Natürlich kümmern sie sich auch um die Alltags-Hilfsmittel der Athleten. Oft geht es hier zu wie im Boxenstopp.“
In diesem Jahr hat das Team schon vor der Eröffnung rund 500 Reparaturen ausgeführt. So fertigten sie für zwei Fahnenträger ohne Arme eine Vorrichtung konstruiert, in die sie ihre Fahnenstange sicher einstecken konnten. Insgesamt rechnen die Experten mit etwa 2.000 Reparaturen – Erfahrungswerte aus mehr als 30 Jahren, in denen das Unternehmen Servicepartner bei Paralympischen Sommer und Winterspielen war. Von verlorenen Schrauben über platte Reifen, defekte Kugellager, aufgeplatzte Nähte an Orthesen, scheuernde Prothesen, verbogene Metallteilen an Rollstühlen für Basketball und Rugby bis hin zur Ersatzbeschaffung eines Sportgeräts reichen die Anforderungen.
Reparaturen unabhängig vom Hersteller
Um für alle denkbaren Fälle gerüstet zu sein, sind die Duderstädter mit rund 17 Tonnen Ausrüstungsgegenstände und Maschinen angereist, darunter Trichterfräsen, Bandsägen, Infrarotwärmeofen, Ständerbohrmaschinen und Schweißgeräte. Von Schrauben über Prothesenkniegelenke bis hin zu Rollstühlen und einer Vielzahl von Textilien und anderen Materialien: Auf mehr als 17.000 Ersatzteile können die Fachleute zurückgreifen, auch von anderen Herstellern. Und ist nun mal ein Teil gerade nicht verfügbar, könne man auf Netzwerkpartner in Japan zurückgreifen, um es auf kurzem Weg zu beschaffen, so Peter Franzel. Und wenn mal ein Elektrorollstuhl nicht mehr zu reparieren sei, treffe innerhalb von drei Tagen Ersatz aus Duderstädt ein.
Die Werkstatt hat das technische Team in mehrere Räume und Werkstattbereiche unterteilt – zum Beispiel zum Laminieren, Gipsen, Schweißen, Sägen, Nähen. So ist in der Schweißwerkstatt gerade einen Basketballrollstuhl in Arbeit: Die Fußraste kann nicht verstellt werden, sondern muss eingekürzt werden. „Es sind viele Metallarbeiten dabei“, erklärt Peter Franzel. In der Näherei kümmern die sich Fachleute um aufgescheuerte Sitz- und Rückenpolster von Rollstühlen, gerissene Bänder und aufgegangene Nähte von Orthesen. Ein Mitarbeiter nimmt sich gerade eine Orthese vor. Als Athlet braucht der Besitzer das Hilfsmittel zwar nicht für den Sport. Aber es scheuerte beim Gehen. Der Fachmann sorgt für Entlastung.
Und dabei wird auch noch auf die Einhaltung der strengen Corona-Schutzmaßnahmen geachtet.