MOBITIPP: Frau Böhnke, wir haben uns 2008 kurz vor der Geburt ihrer zweiten Tochter Antonia kennengelernt. Damals hatten Sie als Erzieherin gearbeitet und sagten, dass Sie schon immer wussten, dass Sie mit Kindern zu tun haben möchten. Wie sehen Sie das heute?
Karoline Böhnke: Ich bin noch immer völlig überzeugt davon, dass es für mich richtig war, Kinder zu bekommen und diesen Beruf zu wählen. Unsere Töchter Josefine und Antonia sind jetzt 14 beziehungsweise 11 Jahre. Es macht mich stolz und glücklich ihre Entwicklung zu selbstständigen, empathischen Menschen zu verfolgen. Auch bei meiner Arbeit erlebe ich, wie sehr mir der Umgang mit Kindern liegt. Ich freue mich jeden Tag über ihre Wissbegierde, Intelligenz und Unbefangenheit.
In der Krippe kümmere ich mich um Kinder bis zu drei Jahren. Die Eltern sind oft überrascht, wie schnell ihre Kinder den Rollstuhl annehmen. Er gehört dann ganz selbstverständlich zu mir. Aufgrund dieser Erfahrung finde ich es eher erstaunlich, dass noch immer so wenige Menschen im Rollstuhl im sozialen Umfeld arbeiten. Es wäre so wichtig, dass Eltern und Kinder häufiger positiven Kontakt mit Menschen haben, die mit Einschränkungen leben.
MOBITIPP: War es schwer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen?
Karoline Böhnke: Es war überhaupt nicht selbstverständlich, dass ich die Chance bekam. Ich musste da schon am Ball bleiben und einiges wegstecken. Inzwischen habe ich über die Jahre im Beruf längst bewiesen, dass ich den Aufgaben gewachsen bin.
MOBITIPP: Konnten Sie als Erzieherin Ihre Arbeit und die Kinder gut vereinbaren?
Karoline Böhnke: Bevor unsere erste Tochter Josefine geboren wurde, hatte ich schon einige Jahre in einer privaten Krippe gearbeitet. Nach der Geburt konnte ich das Baby mitbringen. Das passte ganz gut. Drei Jahre später kam Antonia zur Welt und Josefine war der Krippe entwachsen und musste in einen Kindergarten wechseln.
Damals gab es in Neustadt aber keinen barrierefreien städtischen Kindergarten, in den ich hätte mitwechseln können. Man hatte zwar eine Rampe für mich angebracht, damit ich als Mutter mein Kind ins Gebäude bringen oder abholen konnte. Aber dort zu arbeiten, war mir nicht möglich. So stand der Spielplatz zum Beispiel inmitten einer Sandfläche.
Als die Stadt später eine neue Krippe plante, gab es Beteiligte, darunter meine jetzige Chefin, die mich sozusagen im Hinterkopf hatten und sich für einen barrierefreien Bau einsetzten. Als die Einrichtung fertig war, fragte man bei mir nach und seitdem arbeite ich dort mit großer Freude.
MOBITIPP: Wie reagieren die Eltern auf Sie, wenn sie erfahren, dass sich in der Krippe eine Erzieherin im Rollstuhl um ihr Kind kümmert?
Karoline Böhnke: Bei uns verläuft die Eingewöhnungszeit nach dem Berliner Modell. Da sind die Eltern in den ersten Tagen stundenweise im gleichen Raum und beobachten, wie wir Erzieherinnen arbeiten und wie ihr Kind auf uns reagiert. Dabei gelingt es mir immer schnell, das Vertrauen der Eltern zu gewinnen.
MOBITIPP: Wie haben Sie Ihren Alltag mit Ihren eigenen Kindern organisiert?
Karoline Böhnke: Ich habe einen wunderbaren Familien- und Freundeskreis und eine hilfsbereite Nachbarschaft. Außerdem habe ich eine Putzhilfe, die regelmäßig zu uns kommt. Unser Haus ist so umgebaut, dass ich vieles allein bewältigen kann. Ins obere Stockwerk komme ich mithilfe eines Treppenlifts. Mein Mann Stefan hat mir einen Lift in den Garten gebaut und einige Möbel tiefergelegt. Die Küche ist mit einem unterfahrbaren Herd und tiefergelegten Schränken und Backofen ausgestattet. Dabei bin ich noch nicht mal eine Küchenqueen. Zur Familie gehört auch ein Golden Retriever. Frieda ist darauf trainiert, mir heruntergefallene Gegenstände aufzuheben. Mit dem umgebauten Auto, dem umgebauten Segway und einem Rollstuhlzuggerät bleibe ich mit den Kindern mobil, zumal mein Mann beruflich viel unterwegs ist.
MOBITIPP: Das Mama-Taxi ist noch gefragt?
Karoline Böhnke: Das hat sicher noch lange nicht ausgedient. Unsere Kinder sind aktiv. Das war uns auch in der Erziehung wichtig. Ob es zum Hip-Hop-Tanzen nach Grömitz geht, in den Schwimmverein oder zu Verabredungen – ich fahre meine Töchter gerne und sehe das als schönen Ausgleich zum Schulalltag.
MOBITIPP: Eure jüngere Tochter Antonia lebt mit Epilepsie. Wie geht Ihr damit um?
Karoline Böhnke: Das ging im Kindergartenalter los. Antonia muss jetzt eine Sonnenbrille tragen, sobald die Sonne rauskommt. Dazu kommen häufige Arztbesuche. Das gefällt ihr natürlich gar nicht. Und wie jede Mama mache ich mir viele Gedanken und versuche, ihr die Situation positiv zu vermitteln. Ich sage ihr, dass sie damit gut leben kann und dass es Schlimmeres gibt. Das versteht sie schon. Aber die Einschränkungen nerven sie halt.
MOBITIPP: Bleibt inzwischen mehr Zeit für Sie selbst übrig, weil Ihre Töchter sehr selbstständig sind?
Karoline Böhnke: Ich habe jetzt schon mehr Zeit als früher. Allerdings spüre ich jetzt meinen Körper mehr als noch vor ein paar Jahren. Mir fällt zum Beispiel auf, dass ich mich nicht so gerade halte, wie es gut wäre. Ob das daran liegt, dass man sich mit kleinen Kindern automatisch zurückstellt und Schmerzen auch mal wegdrückt oder ob sich einfach das fortschreitende Alter bemerkbar macht, kann ich nicht sagen. Jedenfalls habe ich vermehrt Rückenschmerzen und mache mich dann öfter mal auf der Couch lang. Mir fehlt auch der regelmäßige Sport. Ich war begeisterte Basketballspielerin. Doch irgendwann war die Zeit dafür um. Richtigen Ersatz habe ich noch nicht gefunden.
Ansonsten genieße ich einfach das Hier und Jetzt. Wir reisen gern. Als Paar waren wir zuletzt in Kuba. Dieses Jahr war ich mit einer Freundin und unseren Kindern ein paar Tage im Harz. Ich bin zum ersten Mal in einer Kletterhalle geklettert. Auch Bobfahren ging. Mit Hilfe freundlicher Menschen konnte ich sogar die Seilbahn nutzen. Ich setze weiterhin auf meine positive Einstellung, die mir immer hilft, einen guten Weg zu finden.