Bei der neuen Astronautengeneration der europäischen Raumfahrtagentur (ESA), die am 24. November in Paris vorgestellt wurde, ist erstmals ein Astronaut mit einer körperlichen Beeinträchtigung dabei: Nach einem Motorradunfall im September 2000 in Thailand wurde dem damals 19-jährigen John McFall der rechte Oberschenkel amputiert. Seitdem trägt er eine Beinprothese. Bereits wenige Jahre später machte sich der sportbegeisterte Brite als erfolgreicher Para-Athlet bei nationalen und internationalen Laufwettbewerben einen Namen. So holte der Kurzstreckenläufer bei den Paralympischen Sommerspielen 2008 in Beijing beim Sprint über 100 Meter (T42) die Bronze-Medaille.
Sportwissenschaftler und Mediziner
John McFall studierte laut ESA-Informationen zunächst Sport und Bewegungswissenschaften. 2004 machte er seinen Bachelor-Abschluss an der Universität Swansea und 2005 seinen Master-Abschluss am University of Wales Institute in Cardiff. 2014 schloss er sein Studium an der Cardiff University School of Medicine mit einem Bachelor of Medicine and Surgery ab. Er wurde 2016 Mitglied des Royal College of Surgeons und arbeitet derzeit als Facharzt für Traumatologie und Orthopädie in Südengland.
Die Liste seiner sportlichen und beruflichen Erfolge und Auszeichnungen ist lang und beeindruckend. Acht Jahre nach seinem Motorradunfall sagte er in einem Interview, dieses Ereignis habe ihm im Leben einen Fokus gegeben, einen Antrieb. „Ich hatte immer eine Liste von Zielen und Wünschen, die sich nach meinem Unfall nicht geändert haben – sie haben nur die Richtung gewechselt. Der Verlust meines Beins hat mein Leben verändert, aber er hat nicht verändert, wer ich bin.“
Öffnung zu mehr Inklusion
Das alles zusammen klingt nach einem Traumkandidaten für die ihm zugedachte Aufgabe: „John McFall wird an der Machbarkeitsstudie für Para-Astronauten teilnehmen, um Optionen für die Einbeziehung körperlich behinderter Astronautinnen und Astronauten in die astronautische Raumfahrt und mögliche künftige Missionen zu entwickeln”, so die ESA in einer Mitteilung von Ende November. Konkret soll der Arzt den ESA-Ingenieuren vor allem bei der Entwicklung und Anpassung von Geräten helfen, die auch mobilitätseingeschränkten Menschen ermöglichen, an professionellen Weltraummissionen teilzunehmen.
Ob John McFall letztlich tatsächlich in den Weltraum fliegen darf, scheint in Anbetracht der offenen Fragen eher unwahrscheinlich, wenn auch über einen längeren Zeitraum hinweg gesehen, durchaus nicht ausgeschlossen. Ein Versprechen seitens der ESA gibt es aber nicht.
Es wäre jedenfalls schön, wenn die Inklusion auf dem Planeten Erde mit ebenso großer Entschlossenheit vorangetrieben werden würde, wie man dies offenbar für die Raumfahrt vorhat.
Wer mehr über John McFall wissen möchte, hört in das ESA-Interview mit ihm hinein:
https://www.esa.int/Science_Exploration/Human_and_Robotic_Exploration/Astronauts/John_McFall
Hier erfahrt Ihr, welchen Anforderungen ein Bewerber mit Einschränkungen gerecht werden musste, um an der Machbarkeitsstudie mitarbeiten zu können: https://www.esa.int/About_Us/Careers_at_ESA/ESA_Astronaut_Selection/Parastronaut_feasibility_project