So kommen Sie mit dem E-Rolli gut durch den Winter

Von den Reifen bis zum Handschuh

Eis und Schnee, Dunkelheit und Kälte: Für E-Rollstuhlfahrer ist der Winter mit Abstand die größte Herausforderung unter den Jahreszeiten. Wir geben Ihnen Tipps, was das Leben erleichtert und sagen, was nicht so gut funktioniert.
Man sieht eine Winterlandschaft in der ein Elektrorollstuhl mit Fahrer von hinten unterwegs ist
(c) istock
Mit dem E-Rolli durch den Winter
Gut vorbereitet, kann man auch bei Eis und Schnee mit dem Elektrorollstuhl unterwegs sein.

Natürlich hat der Winter mit hinreißenden Landschaften aus unberührtem Schnee, mit blauem Himmel, glitzernder Sonne und frischer Luft seine schönen Seiten. Der Alltag hierzulande sieht jedoch meist anders aus: mehr Matsch als durchgehend feste Schneedecke, eher Graupelschauer als federleichte Schneeflocken, oft unvermutet glatte Straßenabschnitte, früh einbrechende Dunkelheit und Kälte.
Rollstuhlfahrer und vor allem Elektrorollstuhlfahrer spüren die Auswirkungen der Kälte besonders stark: Sie können oft nicht mal die Hand, mit der sie das Bedienteil steuern, in einen mollig-warmen Handschuh stecken. Bei Schnee und Eis verlieren die Alltagsreifen der Rollstühle an Traktion und können vor allem auf Rampen blitzschnell ins Rutschen kommen. Wir empfehlen hier unsere kleine Fahrschule in unserer Ausgabe Elektrorollstühle.

„Winterreifen” für E-Rollis meist kein Standardangebot

Kein Wunder, dass der Winter ein wichtiges Gesprächsthema unter E-Rolli-Fahrern ist und Überlebenstipps in einschlägigen Foren hoch im Kurs stehen. Naheliegend ist zunächst einmal die Frage nach Winterreifen für Elektrorollstühle. Gibt es welche? Bieten sie bei Schnee und Eis wirklich eine bessere Traktion?
Erfahrene E-Rollstuhlnutzer winken meist ab. Die Bereifung von Elektrorollstühlen ist im Allgemeinen schon etwas grobstolliger als die Reifen manueller Rollstühle. Dabei handelt es sich meist um Produkte, die eigentlich für andere Anwendungen hergestellt wurden. Doch auch Reifen mit tiefem Profil setzen sich bei Schnee gerne mal zu. Das ist ärgerlich, aber nicht wirklich vermeidbar. Wer sich dennoch zum Beispiel für einen Winterurlaub geländegängiger ausrüsten möchte, schaut auf den Webseiten von speziellen Herstellern, was auch für Elektrorollstühle tauglich ist. „Winterreifen”-Serien wie bei Autos gibt es für E-Rollstühle nicht.

Manchmal helfen ungewöhnliche Lösungen

Zu bedenken ist, dass solch speziell an winterliche Verhältnisse angepasste Bereifung ihren Preis hat und die Kosten dafür in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Dann stellt sich noch die Frage, wer die Reifen im Bedarfsfall wechseln würde und wo sie fachgerecht zwischengelagert werden können. Immer wieder sind auch Schneeketten für Rollstühle ein Thema in den Medien. In den vergangenen Jahren gab es zwar das eine oder andere Produkt im Internet oder auf Messen, durchgesetzt hat sich aber bisher noch keines. Das mag auch daran liegen, dass Schneeketten in Gebäuden und in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht brauchbar sind und das Anlegen und Abmontieren selbst im besten Fall einigen Aufwand bedeutet.
Gleiches gilt für Skikonstruktionen für die Vorderräder, die ein Einsinken in den Schnee verhindern sollen. Für den Durchschnittswinter in Deutschland, wo der Schnee oft noch am gleichen Tag zu Matsch wird, ist das in der Regel ein zu hoher Aufwand. Für Notfälle kann es sinnvoll sein, einige Kabelbinder parat zu haben, die bei Bedarf in nicht zu großen Abständen um die Reifen gezogen und dann gekürzt werden. Auch grobe Paketschnur, die über die Reifen gewickelt wird, soll im Notfall gute Dienste leisten. So zumindest lauten Tipps in Rollifahrer-Foren im Internet. Bedenken sollte man bei solchen Konstruktionen, dass die Bremse noch funktionstüchtig bleiben muss.

Zuggeräte und Zusatzantriebe als Verstärker

Wer von vorne herein weiß, dass er oft auf nassem, rutschigem oder gar schneebedecktem Untergrund unterwegs sein wird, kann das schon bei der Auswahl der Antriebsart des E-Rollis bedenken. Zum Beispiel haben mittelradgetriebene Rollstühle bauartbedingt vorne und hinten eher kleine Räder, die sich in weichem Untergrund schnell festfahren. Mit großen Rädern vorne und hinten wie etwa beim Coseat extreme (www.moso-gmbh.de) oder Extreme X8 von Magic Mobility  fährt man auch bei schwierigen Bodenverhältnissen immer noch wie auf Schienen. Allerdings sind diese Rollstühle in Innenräumen nur eingeschränkt zu gebrauchen.
Wer sowohl innen wie außen fahren will und die Möglichkeit dazu hat, kann als Alternative zum E-Rolli einen manuellen Rollstuhl mit einem elektrischen Zuggerät nutzen. Je größer und schwerer das Zuggerät ist, desto besser kommt man damit in unwegsamem Gelände und auf rutschigem Untergrund noch vorwärts. Insbesondere der SwissTrac des Schweizer Herstellers Atec (www.swisstrac.ch) lässt sich beinahe durch nichts aufhalten. Mehr zu diesem, aber auch zu vielen weiteren Zuggeräten und Zusatzantrieben erfahren Sie in unserem Ratgeber 10 „Spezialfahrräder, Handbikes & Co.”.

Unsere MOBITIPPs für den Winter:

  • Bevor Sie eine teure und/oder komplizierte Lösung anstreben, sollten Sie prüfen, ob es für die paar besonders kritischen Wintertage nicht besser ist, wenn Sie sich von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn Unterstützung holen.
  • Wenn Sie mit dem Auto unterwegs sind, sollten Sie sich ruhig einen Parkplatz in der Tiefgarage oder in einem Parkhaus gönnen. Das kostet zwar möglicherweise etwas, erspart Ihnen aber viel Ärger.
  • Lassen Sie Ihren Elektrorollstuhl frühzeitig vom Sanitätshaus durchchecken. Sind die Kabel in Ordnung? Sind die Beleuchtungen alle vollständig? Sind Sie für Autofahrer im Dunkeln gut erkennbar oder sind noch weitere Lampen, Katzenaugen oder Reflektorstreifen sinnvoll? Ist der Luftdruck perfekt auf das Wetter abgestimmt? Dieser muss so eingestellt sein, dass er auch bei Regen und Laub ein gutes Bremsverhalten zeigt.
  • Tragen Sie helle Kleidung und schalten Sie an kritischen Stellen, etwa beim Überqueren der Straße, ruhig die Warnblinkanlage ein.
  • Achten Sie darauf, dass Jacken und Taschen nicht versehentlich Beleuchtungsquellen verdecken.
  • Wichtig ist gute Bekleidung, zum Beispiel Thermobekleidung. Einige auf Rollstuhlfahrer spezialisierte Bekleidungshersteller bieten Schlupfdecken und Spezialhandschuhe an. Bei Decken, Mützen und Schals kommt man meisten bei Bekleidungsketten oder im Jagdbedarf günstiger weg.
  • Warmhalten ist gut. Aber achten Sie darauf, dass dadurch nicht ihr Blickfeld einschränkt wird!

(Text: Brigitte Muschiol, Jens Krümmel)

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