62 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer holen in Vorbereitung auf einen Arztbesuch Informationen zu ihren Symptomen im Internet oder über eine App ein: 13 Prozent tun dies regelmäßig, 19 Prozent manchmal und 30 Prozent selten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung unter 1.144 Menschen in Deutschland ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom e.V.
Insgesamt ist die Zahl laut Bitkom-Mitteilung im Vergleich zu den letzten Jahren gestiegen: 2020 gaben demnach noch 53 Prozent an, ihre Symptome vor dem Arztbesuch im Netz zu recherchieren, 2021 waren es 56 Prozent. „Im Internet gibt es eine Vielzahl an hochwertigen Informationen zu Gesundheitsthemen. Auch über innovative Apps können sich die Menschen mit hoher Genauigkeit über ihre Symptome und Therapien informieren“, sagt Malte Fritsche, Bitkom-Experte für E-Health in einer Presseinformation Anfang des Jahres. „Wichtig ist, auf vertrauenswürdige Anbieter zu achten. Und grundsätzlich gilt: Im Zweifelsfall immer Arzt oder Ärztin zurate ziehen.“
Doch auch beim Arztbesuch kann es dazu kommen, dass im Nachhinein nicht alle Fragen geklärt sind. 63 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer recherchieren daher im Anschluss an einen Praxistermin Informationen zu ihren Symptomen, der Diagnose oder verschriebenen Medikamenten online oder über eine App. Den meisten von ihnen, nämlich 74 Prozent, ging es dabei darum, alternative Behandlungsmethoden zu suchen. 68 Prozent der Befragten gaben an, sich generell zusätzliche Informationen etwa zu Diagnose, Behandlung oder Erkrankung einzuholen.
Internetergebnisse ersetzen keinen Arztbesuch
62 Prozent suchten laut Bitkom nach einer Zweitmeinung und 51 Prozent recherchierten Alternativen zu Medikamenten. Fast ein Viertel gab an, sich nicht mehr an alle Details aus dem Arztgespräch erinnern zu können. 15 Prozent haben die Erläuterungen von Ärztin oder Arzt nicht verstanden und recherchieren deshalb im Anschluss an den Termin. Insgesamt steht im Vordergrund, den Arztbesuch zu ergänzen: Lediglich einer von zehn Befragten (11 Prozent) hat kein Vertrauen in die Diagnose gehabt und deshalb im Netz recherchiert. Allerdings geben auch laut Befragung 43 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer an, auch schon einmal komplett auf einen Arztbesuch verzichtet zu haben, weil sie ihre Symptome im Netz recherchiert und gegebenenfalls selbst behandelt haben.
Spätestens dann, wenn selbstrecherchierte Online-Diagnosen den Arztbesuch ersetzen sollen, wird es aber kritisch oder sogar lebensgefährlich. Denn nur eine Ärztin oder ein Arzt kann alle individuell relevanten Informationen für eine sichere Diagnose ermitteln, interpretieren und behandeln. Außerdem birgt die Online-Recherche ohne Konsultation eines Arztes die Gefahr, auf unseriösen Websites zu landen, die ein gegebenenfalls schweres Krankheitsbild suggerieren und dadurch schwere Ängste auslösen können.
Informationen sorgfältig bewerten
Generell bietet das Internet durchaus auch Vorteile, wenn es um Gesundheitsinformationen geht. Die Suche geht schnell, ist kostenlos und stellt auch nützliche Informationen zur Verfügung: Man findet die Adressen von Fachärzten, Physiotherapeuten und Selbsthilfegruppen, kann sich in die fachlichen Schwerpunkte von Reha-Einrichtungen einlesen und online Kurse von Krankenkassen buchen. Manche Arzneimittelhersteller stellen die Beipackzettel von Medikamenten zusätzlich online zur Verfügung.
Doch grundsätzlich sind die Informationen aus dem Netz keineswegs unproblematisch: Das Angebot an Webseiten, Informationsportalen und Apps zum Thema Gesundheit und Medizin ist unüberschaubar. Laien, die im Netz nach Symptomen, Krankheitsursachen, Therapiemöglichkeiten, alternativen Heilweisen und Bewertungen von medizinischen Dienstleistungen suchen, können die Qualität der Inhalte nur schwer einschätzen.
Informationen sind oft nicht ausreichend belegt. Oft fehlen wissenschaftliche Belege für Angaben. Alternative Behandlungsmethoden werden häufig gar nicht erwähnt. Auch eine Pro- und Kontra-Diskussion findet oft nicht statt.
Hausrezepte können auch schädlich sein
Auch schon bei der selbstständigen Behandlung mit Hausrezepten aus dem Netz für harmlose Beschwerden wie Schnupfen oder leichtem Sonnenbrand kann es kritisch werden. Denn manchmal können auch leichte Beschwerden bereits auf ernsthafte Krankheiten hinweisen und bei Eigendiagnosen übersehen werden.
Unser Fazit: Ein Arzt ist eben mehr als eine Datenbank. Er kann den Körper begutachten, Tests machen, seine Erfahrung als Mediziner – und seine Menschlichkeit – einbringen. Wie kann das getoppt werden?
Tipps, wie man seriöse Quellen erkennt
- Das Impressum ist gut zu finden.
- Seriöse Seiten machen keine unrealistischen Heilversprechen.
- Portale, sich Werbung schalten, informieren möglicherweise mit Rücksicht auf ihre Anzeigenkunden.
- Prüfen Sie, ob die Autoren Fachleute sind.
- Seriöse Anbieter legen häufig ihre Qualitätsstandards offen.
- Lassen Sie Ihren gesunden Menschenverstand sprechen.
Auswahl seriöser Seiten und Portale
Bewertet die sogenannten IGeL-Leistungen. Hinter der Website steht seit 1.1.2022 der Medizinische Dienst Bund als Nachfolger des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS).
Wird vom fachlich unabhängigen wissenschaftlichen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) betrieben. Laienverständlich geschrieben.
Bietet medizinisches Wissen und Gesundheitsinformationen von Experten für Laien an. Das Gesundheitsportal ist im Besitz des Verlagshauses Hubert Burda Media.
Redaktionelles Internet-Portal des im Wort & Bild Verlag Konradshöhe erscheinenden Gesundheitsmagazins Apotheken Umschau.
Nationale Kontakt- und Informationsseite zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen. Träger ist der Fachverband Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.