Wie Sie wieder zurück in den Beruf finden

Behörden, Ämter und Beratungsstellen

Für Menschen mit einer Behinderung durch eine Krankheit oder einen Unfall ist es oft nicht so einfach, einen Arbeitsplatz zu finden. Ein Beruf bietet oft aber auch Stabilität und externe Kontakte, die Halt und Zugehörigkeitsgefühl vermitteln und damit mehr ermöglichen als nur finanzielle Sicherheit. Besonders nach einem Unfall oder einer plötzlichen Erkrankung ist es nicht immer leicht, wieder im Beruf Fuß zu fassen, oder sich neu zu orientieren. Verschiedene Behörden, Ämter und Beratungsstellen helfen jedoch bei der Suche nach dem geeigneten Arbeitsplatz. Auch nach einem Unfall, der womöglich zu einer Behinderung oder Krankheit geführt hat, die länger als sechs Wochen dauerte, sind diese Anlaufstellen hilfreich. Wir zeigen Ihnen Wege auf, wo Sie Hilfe und Unterstützung erhalten können, an wen Sie sich wenden können und gibt Tipps, wie der berufliche Wiedereinstieg oder die Arbeitssuche gelingen kann.
Junger Mann im Rollstuhl arbeitet in einer Schreinerei
© Andi Weiland, Gesellschaftsbilder.de
Vielfältige Berufsmöglichkeiten

Die Teilhabe am Arbeitsleben spielt für Menschen mit einer Behinderung oder chronischen Krankheit eine ebenso große Rolle wie für alle Menschen im erwerbsfähigen Alter. Welche Chancen haben Menschen mit einer Behinderung in der Gesellschaft und hier speziell auf dem Arbeitsmarkt? Diese Frage ist nicht neu.

Die Diskussion darüber hat aber eine neue Qualität bekommen durch das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“, die UN-Behindertenrechtskonvention. Der Artikel 27 „Arbeit und Beschäftigung“ benennt Rechte und Anforderungen im Arbeitsleben. Der Abbau der einstellungs- und umweltbedingten Barrieren ist der erste Schritt zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben. Die Teilhabe von Menschen mit einer Behinderung gilt als Menschenrecht. Die UN-Behindertenrechtskonvention erfasst Lebensbereiche wie Barrierefreiheit, persönliche Mobilität, Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Rehabilitation, Teilhabe am politischen Leben, Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung. Grundlegend ist der Gedanke der Inklusion: Menschen mit Behinderung gehören von Anfang an mitten in die Gesellschaft.

Viele Wege zurück ins Berufsleben

Eine berufliche Wiedereingliederung ist aber nicht nur für erkrankte oder verunfallte Arbeitnehmer interessant. Auch Personalabteilungen, Krankenkassen oder andere Leistungsträger möchten Arbeitnehmenden helfen, wieder in das Berufsleben einzusteigen. Je nach Länge des Arbeitsausfalls kommen dann mehrere zuständige Träger hinzu, die während der Krankheitsphase Lohnfortzahlung geleistet haben. In jedem Fall ist der Arbeitgeber beteiligt, welcher für den ersten Teil der Lohnfortzahlung zuständig ist, bevor die Krankenkasse übernimmt.

Möglichkeiten zur Wiedereingliederung in einem bestehenden Arbeitsverhältnis

  1. Maßnahmen des betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements

Das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement kann Anpassungen des Arbeitsplatzes, Änderungen der Arbeitsaufgaben oder der Arbeitsorganisation umfassen. Manchmal hilft auch eine Weiterbildung für eine andere Tätigkeit, um wieder im Unternehmen arbeiten zu können.

Beim betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement muss sich der oder die Erkrankte keine Gedanken über die Organisation des Prozesses machen. Arbeitgeber übernehmen in Absprache mit einem Integrationsbeauftragten des eigenen Unternehmens oder mit einem Integrationsbeauftragten der Integrationsämter, die Leitung des Prozesses.

Weitere Unterstützung für Arbeitnehmende bietet der Betriebsarzt beziehungsweise die Betriebsärztin, Integrationsämter, die gemeinsamen Servicestellen der Rehaträger, Krankenkassen oder die Rentenversicherung mit speziellen Beratungsangeboten.

  1. Wiedereingliederung nach dem „Hamburger Modell“

Bei einer Rückkehr nach einer längeren krankheitsbedingten Auszeit oder nach der Teilnahme an externen Rehabilitationsmaßnahmen hat sich in der Praxis eine stufenweise Wiedereingliederung bewährt. Dieses Konzept wird auch als „Hamburger Modell“ bezeichnet.

Hierbei wird die Arbeitsbelastung unter ärztlicher Aufsicht langsam gesteigert. Zu Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung wird bei einem medizinischen Check-up vom Arzt die Belastbarkeit geprüft, um das spätere Arbeitspensum zu bestimmen. Beispielsweise wird dann mit vier Stunden pro Tag gestartet, nach zwei Wochen auf sechs Stunden pro Tag und nach weiteren zwei Wochen auf die vollen acht Stunden pro Tag erhöht. Das Ziel ist dabei, die volle Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Insgesamt kann die Wiedereingliederung zwischen sechs Wochen und sechs Monaten dauern.

Während der Wiedereingliederung ist der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin weiterhin krankgeschrieben und erhält Krankengeld von der Krankenkasse oder Übergangsgeld vom Rentenversicherungsträger. Die teilnehmende Person muss jedoch bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sein.

  1. Wiedereingliederung durch Barrierefreiheit

Viele Beeinträchtigungen oder Behinderungen lassen sich durch Anpassungen des Arbeitsplatzes und den Einsatz von Hilfsmitteln und technischen Arbeitshilfen ausgleichen. Die Möglichkeiten reichen von einem verstärkten Lautsprecher für das Telefon, über Stehhilfen für Menschen mit einer Erkrankung des Bewegungsapparates bis hin zu baulichen Maßnahmen. Beratungen und Unterstützungen gibt es von Betriebsärzten oder den Integrationsämtern. Bei Bedarf können die Möglichkeiten durch Ingenieure vor Ort im Unternehmen geprüft werden.

Schwerbehinderte Menschen haben nach Paragraf 164 des neunten Sozialgesetzbuches einen Anspruch auf eine behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten sowie auf eine Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen. Die Kosten hierfür werden nach einer Antragstellung vom zuständigen Integrationsamt meist vollständig übernommen.

 

Wie EnableMe bei der Arbeitssuche unterstützt

Neben den oben genannten Anlaufstellen bietet EnableMe.de selbst einen Zugangspunkt für einen optimalen Wiedereinstieg in die Arbeitswelt. Aktuell läuft als Pilotprojekt in Bayern das 1:1 Online Mentoring-Programm. Ziel des Mentoring-Programms ist es, Arbeitssuchende und Unternehmen zu verbinden und gleichzeitig Barrieren abzubauen. Über eine Online-Lernplattform mit strukturierten Inhalten können sich Menschen mit Behinderung auf den (Wieder-)Einstieg in den Beruf vorbereiten. Beispielsweise durch ein digitales Bewerbungstraining mit der Unterstützung von Mentoren aus unterschiedlichen Unternehmen. Diese geben Hilfestellung, beantworten Fragen und übernehmen damit unmittelbar soziale Verantwortung.

www.enableme.de

 

Die berufliche Wiedereingliederung ohne ein bestehendes Arbeitsverhältnis

Wenn eine erkrankte Person auf Arbeitssuche ist und dementsprechend kein bestehendes Arbeitsverhältnis hat, gestaltet sich die berufliche Wiedereingliederung etwas schwieriger. Während bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis die Beteiligten in einem Unternehmen regelrecht auf die Rückkehr der ausgefallenen Person warten, müssen sich Personen ohne bestehendes Arbeitsverhältnis selbst um den beruflichen Wiedereinstieg kümmern. Aber auch hier gibt es Ansprechpersonen und Träger, die Menschen mit Behinderung bei der Arbeitssuche und dem beruflichen Wiedereinstieg unterstützen.

Bei folgenden Ansprechpartnern können Betroffene Hilfe und Unterstützung bei der Arbeitssuche erhalten

  1. Die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit ist die nationale deutsche Behörde für sämtliche Themen der Arbeitswelt. Alle erwerbsfähigen Menschen können ihre Dienste unentgeltlich in Anspruch nehmen. Die Mitarbeiter unterstützen sowohl online als auch im persönlichen Beratungsgespräch. Sie bieten Hilfe bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz und bei der Bewerbung an.

Ist eine Arbeitslosigkeit von mindestens drei Monaten gegeben, kann bei der zuständigen Arbeitsagentur kostenlos ein Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) angefordert werden. Mit diesem können Sie sich dann von einer privaten Arbeitsvermittlung beraten und weiter vermitteln lassen. Ebenfalls übernimmt die Arbeitsagentur nach Beantragung Hilfen, die für den Berufsalltag nötig sind: Kosten für Kraftfahrzeughilfen, nichtorthopädische Hilfsmittel oder technische Arbeitshilfen und für eine notwendige Arbeitsassistenz.

  1. Integrationsamt (auch: Inklusionsamt)

Das zuständige Integrationsamt bietet Hilfe, Beratung und Betreuung in allen Fragen zum Arbeitsleben an. Sie beraten Menschen mit einer Behinderung bei der Arbeitssuche. Zudem stehen sie zur Verfügung, wenn Hilfsmittel zur Arbeitsausführung benötigt werden.

Wenn Mitarbeitende mit Behinderung ihre Arbeit nur mit technischen Hilfsmitteln ausüben können, können die Kosten für die Beschaffung, für die Wartung oder Instandhaltung sowie für die zur Bedienung des Hilfsmittels erforderliche Ausbildung in voller Höhe übernommen werden. Technische Hilfsmittel sind beispielsweise Rampen für Rollstuhlfahrer oder spezielle Computer für Seheingeschränkte. Ebenfalls kann eine notwendige Arbeitsassistenz in Anspruch genommen werden, wenn dadurch die berufliche Eingliederung ermöglicht werden kann. In erster Linie versteht man darunter etwa Vorlesekräfte für Mitarbeitende mit einer Sehbehinderung, Gebärdensprachdolmetschende oder Unterstützungskräfte für körperlich beeinträchtigte Menschen. Integrationsämter stellen also die Integration ins Arbeitsleben von Menschen mit Behinderung sicher und gehören somit zu einem der möglichen Kostenträger für die vielfältigsten Fördermöglichkeiten in Deutschland.

  1. Integrationsfachdienste

Einen großen Vorteil, den Mitarbeitende der Integrationsfachdienste mit sich bringen, ist die große Kenntnis der genauen rechtlichen Ansprüche, die Menschen mit einer Behinderung haben.

Streng genommen fängt die Arbeit eines Integrationsfachdienstes jedoch erst dann an, wenn dieser mit der Vermittlung eines arbeitssuchenden Menschen mit Behinderung beauftragt wird – etwa von der Agentur für Arbeit, vom Integrationsamt, von den Berufsgenossenschaften oder den Rentenversicherungsträgern. Wurde ein Arbeitssuchender zu einem Integrationsfachdienst vermittelt, steht zu Beginn ein längeres Gespräch mit einem persönlichen Fachdienstberatenden an. Dies dient dazu, alle Vorbildungen, Fähigkeiten und beruflichen Vorstellungen kennenzulernen und damit auch mögliche Schwierigkeiten ausloten zu können. Nur so kann am Ende die Stellenvermittlung auf das individuelle Leistungsprofil abgestimmt werden. Es soll möglichst erfolgsorientiert sein.

Für den weiteren Verlauf bieten Integrationsfachdienste dann Bewerbungstrainings an. Auch einen Blick durch die Bewerbungsmappe kann veranlasst werden. Und falls Bedarf besteht, kann die beratende Person vom Integrationsfachdienst in der Einarbeitungszeit und sogar darüber hinaus begleiten. Hierbei wird sich regelmäßig über den Arbeitsalltag ausgetauscht und Lösungen für eventuell auftretende Probleme werden ausgearbeitet. Ziel ist immer ein nachhaltiges, für Unternehmen und Mitarbeiter zufriedenstellendes Arbeitsverhältnis.

  1. Berufliche Rehabilitation

Menschen mit einer Behinderung oder chronischen Krankheit können auch Hilfe, Beratung und Unterstützung bei Einrichtungen zur beruflichen Rehabilitation bekommen. Das sind zum Beispiel Reha-Kliniken, Förderschulen, Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke, Berufliche Trainingszentren, Werkstätten für Menschen mit Behinderung oder Wohnheime für Menschen mit Behinderungen.

 

Die Autorin

Vanessa Cermelj ist Werkstudentin im Content Team bei EnableMe. Eines der Fokus-Themen der Plattform ist die berufliche Orientierung beziehungsweise Wiedereingliederung im ersten Arbeitsmarkt. Dazu zählen eine Reihe von konkreten Angeboten wie das Online-Mentoring (s. Kasten) oder Jobportal und die Jobbörse. Darüber hinaus stehen verschiedene Fachexperten als Ratgeber für dieses Thema zur Verfügung.

www.enableme.de

(Text: Vanessa Cermelj)

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