Dolce Vita im Rollstuhl

Bella Italia Efa Village Sport & Family in Lignano Sabbiadoro

Seitdem das Wort „Village“ (Englisch für Dorf) von den Marketingabteilungen vieler Hotels als hipper Namenszusatz entdeckt worden ist, hat es sich ziemlich abgenutzt. Das ist schade für solche Anlagen, die diese Bezeichnung tatsächlich verdienen, wie zum Beispiel das Feriendorf Bella Italia, direkt an der norditalienischen Adriaküste. Auf stattlichen 60 Hektar sind nicht nur 13 Häuser mit Gästeunterkünften verteilt, sondern auch Pinienwälder, zahlreiche Sportanlagen, Gastronomiebetriebe und einiges mehr. Das Erstaunliche dabei: Die gesamte Anlage und mindestens 150 Zimmer (!) sind barrierefrei.
Blick auf einen mit Strand mit Rollstuhlfahrern
(c) Mobitipp - Volker Neumann
Rollstuhlgerechter Urlaub in Italien
Eingangsportal des Hotels Bella Italia in Lignano
(c) Mobitipp – Volker Neumann

Die Strandpromenade von Lignano Sabbiadoro erstreckt sich kilometerlang entlang der Küstenlinie und lädt zum Flanieren ein. Tagsüber auf großen Teilen von Bäumen beschattet, hat sie keine Steigungen, ist gut gepflastert und auf der kleinen, parallel verlaufenden Straße gibt es wenig Autoverkehr. Kein Wunder also, dass hier immer reges Treiben herrscht. Die Touristen, die den kleinen Ort, der ziemlich genau zwischen Venedig und Triest liegt, besuchen, gehen hier entlang zu ihrem Platz am Strand, zu einer der Strandbars, zum Eis essen oder einfach nur spazieren – nicht immer nur zu Fuß, sondern auch mit dem (E-)Roller, dem Kinderwagen oder auch mit dem Rollstuhl.

Letztere wiederum sind ebenfalls auf vielfältige Weise unterwegs. Einige selbstständig mit manuellem oder elektrischem Rollstuhl, mit Handbike oder Rollstuhlzuggerät, manche werden aber auch geschoben. Dass die Anzahl der Menschen im Rollstuhl in Lignano Sabbiadoro überdurchschnittlich hoch ist, liegt am Feriendorf „Bella Italia Efa Village Sport & Family“, durch dessen Gelände sich die Strandpromenade sogar ein Stück fortsetzt. Die Ferienanlage erstreckt sich über ein sehr weitläufiges Grundstück mit Pinienwäldern, Sportplätzen, Schwimmbädern und kleinen Straßen. Insgesamt 13 Häuser stehen auf dem Gelände verteilt. In allen befinden sich Gästezimmer, einige davon sind Mehrbettzimmer für Gruppen, andere Zwei- und Dreibettzimmer für Individualreisende, aber es befinden sich auch Apartments darunter.

Treffpunkt der internationalen Parasportler

Alle 760 Zimmer der Anlage sind ebenerdig beziehungsweise durch Aufzüge zu erreichen. Viele davon sind sehr geräumig, sodass Menschen mit Behinderung, die keine DIN-konforme behindertengerechte Ausstattung benötigen, in beinahe jedem Zimmer zurechtkommen. Im Haus „Alle Vele“ (Deutsch „Zu den Segeln“) sind nicht weniger als 68 Zimmer speziell barrierefrei eingerichtet. Auch sie erfüllen nicht alle die Anforderungen der DIN, sind für viele Menschen mit Behinderung aber ausreichend. „Wer besondere Anforderungen hat, sollte das gleich bei der Buchung angeben, damit wir ein entsprechend ausgestattetes Zimmer zur Verfügung stellen können“, rät Salgarella Ada, die Geschäftsführerin des Resorts. Zusätzlich verfügt das Hotel bei Bedarf über spezielle Betten und mobile Lifter. Assistenzleistungen bietet das Hotel nicht mehr an.

Insgesamt sind etwa 150 Zimmer im „Bella Italia Efa Village Sport & Family“ als barrierefrei ausgewiesen. Nicht zuletzt wegen dieser großen Anzahl und der durchweg barrierefreien Sportanlagen ist das Resort unter Rollstuhlsportlern schon längst kein Geheimtipp mehr. Im olympischen Schwimmbecken fanden ebenso bereits internationale Wettkämpfe statt wie in der 4.000 Zuschauer fassenden Sporthalle die Weltmeisterschaften im Rollstuhlhockey, die Paratischtennis Europameisterschaft und die Rollstuhlbasketball Junioren-EM. Deshalb waren schon viele Gäste mit Behinderung, insbesondere Rollstuhlfahrer aus der ganzen Welt im Villagio zu Gast.

Barrierefreier Strandzugang

Die meisten privaten Besucher kommen aus Italien, Österreich, Tschechien und mittlerweile auch aus Deutschland. „Viele deutsche Gäste erwarten, dass sie einen Ansprechpartner vor Ort haben mit dem sie Deutsch sprechen können. Darauf haben wir uns eingerichtet“, berichtet Pietro Delaini, Generalmanager der Anlage, in bestem Deutsch. Nicht nur er, sondern auch einige Kolleg:innen an der Rezeption und in anderen Bereichen können den Gästen ohne jede Sprachbarriere bei Fragen und Problemen weiterhelfen. Auch das Infomaterial des Hauses steht in verschiedenen Sprachen zur Verfügung. Im Ort Lignano selbst trifft man ebenfalls in erstaunlich vielen Restaurants und Geschäften auf Mitarbeiter:innen, die gut Deutsch sprechen.

Natürlich kommen die meisten Gäste nicht wegen des großen Sportangebots nach Lignano, sondern wegen des kilometerlangen und breiten Sandstrands. Doch was für viele Fußgänger ein wichtiger Bestandteil des Traumurlaubs ist, verursacht insbesondere Rollstuhlfahrern meistens eher Albträume. Der feine Sand macht es oftmals unmöglich das eigentlich zum Greifen nahe Meer jemals zu erreichen. Im „Bella Italia Efa Village Sport & Family“ ist das anders. Gleich zwei große Strandabschnitte, die gleich hinter dem Apartmenthaus „Alle Vele“ liegen, sind barrierefrei eingerichtet. Auf den Sand gelegte Kunststoffplatten bilden gut befahre Wege auf den Strand, die dort rechts und links zu den Liegen abzweigen. Unter den Sonnenschirmen sind kleine Plattformen angelegt, auf denen man den Rollstuhl bequem im Schatten abstellen kann.

Strandrollstuhl
(c) Mobitipp – Volker Neumann

Wer ins Wasser möchte, kann in einen der Baderollstühle, die am Strand zur Verfügung stehen, umsetzen und sich ins Wasser schieben lassen. Das Meer ist hier lange sehr flach und es bilden sich nur selten höhere Wellen, sodass ein sicheres und unbeschwertes Badevergnügen möglich ist. Die Badehäuser, die hinter den Dünen am Weg stehen, sind mit einer behindertengerechten Umkleidekabine sowie mit einer ebensolchen Toilette ausgestattet. So kann man sich sogar den ohnehin kurzen Weg ins Hotel sparen. Obwohl Lignano Sabbiadoro ein recht lebhafter und gut besuchter Touristenort ist, geht es am Strand des „Bella Italia Efa Village Sport & Family“ eher geruhsam zu. Selbst in der Hochsaison findet sich meistens zu jeder Tageszeit eine freie Liege beziehungsweise ein Rollstuhlplatz.

Gelebte Integration

Eine Besonderheit des Villagio ist sein integrativer Charakter. Familien, Jugendgruppen, Sportler, Individualtouristen und viele andere mehr verbringen hier ihren Urlaub – darunter eben auch viele Menschen mit Behinderung. Weil das manchmal zu Irritationen bei Gästen geführt hat, die noch keine Integrationserfahrung haben, weist das Hotel inzwischen bei der Buchung darauf hin. „Natürlich könnten wir den Anteil der Gäste mit Behinderung sofort drastisch senken“, berichtet Pietro Delaini. „Es ist uns aber eine große Freude, auch diese Menschen bei uns begrüßen zu dürfen und ihnen die Möglichkeit zu einem erholsamen Urlaub zu bieten.“ Und so begegnet man auf dem Gelände einer bunten (und seltenen) Mischung von Menschen mit und ohne (erkennbare) Behinderung.

Zimmer des Hotels Bella Italia in Lignano
(c) MOBITIPP – Volker Neumann

Seit fünf Jahren betreibt Bella Italia das Resort in Lignano. „Eigentlich erst seit drei Jahren, zwei Jahre müssen wir wegen Corona abziehen“, berichtet Salgarella Ada. Davor gehörte das Gelände einer katholischen Einrichtung. Aus dieser Zeit stammt auch die komplett barrierefreie Gestaltung, die meistens so selbstverständlich umgesetzt wurde, dass sie nur dem geübten Betrachter auffällt. Der religiöse Hintergrund zeigt sich auch noch in den breiten, schlichten Gängen in den Häusern sowie in den Zimmern und Apartments, die einfach, aber mit allem, was man benötigt, ausgestattet sind. Insbesondere in den Zimmern der oberen Stockwerke verweilt der Blick ohnehin nicht lange drinnen, sondern wird magnetisch von der spektakulären Aussicht auf das Meer angezogen. Auf den großen Balkonen des Hauses „Alle Vela“ kann man den Ausblick auch als Rollstuhlfahrer in Ruhe genießen.

Bequeme Anreise mit dem Auto

Das Konzept des „Bella Italia Efa Village Sport & Family“ scheint sich auszuzahlen. Zwar hatte das Resort wie so viele andere durch Corona eine schwere Zeit, inzwischen ist es aber in der Hochsaison oftmals über Wochen ausgebucht. Wer also einen Platz an der Sonne ergattern möchte, sollte sich rechtzeitig darum bemühen. Sowohl auf der Internetseite des Hotels https://www.bellaitaliavillage.com/de/ als auch bei einigen Reiseveranstaltern kann man eine Buchung vornehmen. Für Besucher aus den südlichen Regionen Deutschlands hat das „Bella Italia Efa Village Sport & Family“ den Vorteil, dass es bequem in einer Tagesreise mit dem Auto erreichbar ist. Von München aus sind es etwa fünf Stunden Fahrt, von Frankfurt a.M. ungefähr neun. Die sonst oft aufwendige (und nicht immer beruhigende) Mitnahme von Hilfsmitteln im Flugzeug entfällt dadurch. In der Regel kann das eigene Fahrzeug sogar in unmittelbarer Nähe der Unterkunft geparkt werden. Das erleichtert auch Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung.

Für Ausflüge bietet die Gegend um Lignano einige Möglichkeiten. Sowohl Venedig als auch Trieste sind etwa 100 Kilometer entfernt und jeweils einen Besuch wert. Weingüter in der näheren Umgebung locken mit Besichtigungen und Verköstigungen. Auch in der Lagune von Lignano lässt sich manches entdecken, zum Beispiel im nur eine halbe Auto- oder Schiffsstunde entfernten Marano mit seiner malerischen Innenstadt und seinem kleinen, aber – natürlich – barrierefreien Naturschutzgebiet. Darüber hinaus locken kleinere und größere touristische Attraktionen wie Freizeitparks die Besucher. Die nächste und einfachste Möglichkeit für Ausflüge bietet die Strandpromenade von Lignano Sabbiadoro. Die erreicht man direkt aus dem Feriendorf „Bella Italia Efa Village Sport & Family“ um dort einfach dem munteren Treiben zuzusehen, ein echtes italienisches Eis oder einen Sundowner in einem der Cafés zu genießen.

 

Badezimmer

Badezimmer des Hotels Bella Italia
(c) MOBITIPP – Volker Neumann

(Text: Volker Neumann)

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Rollstuhlgerechter Urlaub in Italien
(c) Mobitipp - Volker Neumann

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