Im größten Nationalpark Deutschlands finden sich gleich mehrere barrierefreie Infozentren und Ausstellungen. Ob im Nationalparkzentrum in Schwarzenhof, im Müritzeum in Waren oder in der Infostelle Kratzeburg: die Wege sind ebenerdig oder mit Rampen versehen, Leitsysteme, Audioguides oder taktile Materialien erleichtern den Zugang. Besonders spannend: Der sogenannte SpurenWeg bei Kratzeburg, ein Sinnespfad, der auch für Menschen mit Sehbehinderung erschlossen ist.
Von hier aus erschließen sich viele barrierefreie Beobachtungsstationen. Am Warnker See bei Waren etwa lassen sich Graugänse und Kormorane beobachten, am Hofsee in Federow mit etwas Glück sogar Fischadler. Weitere rollstuhlgerechte Beobachtungsstände finden sich an den Fischteichen der Boeker Mühle oder am Priesterbäker See. Ein besonderes Erlebnis ist der Welterbe-Buchenwald Serrahn: Hier führt ein ausgebauter Weg zu den jahrhundertealten Baumriesen, nur ein kurzes, steileres Stück erfordert Unterstützung oder eine Schiebehilfe.
Mit Bus, Boot und Elektromobil
Auch in Sachen Mobilität hat die Region viel getan. Zwischen April und Oktober können Gäste mit der Gästekarte „MÜRITZ rundum“ kostenfrei viele Linienbusse nutzen – und zwar mit Niederflurfahrzeugen, die auch für Rollstühle geeignet sind. Eine zentrale Rolle spielt die Nationalparklinie, die mitten durch den Nationalpark führt und Waren mit Federow, Boek und Rechlin verbindet. An einigen Stationen, etwa der Kreuzung „Zartwitzer Hütte“ ist man tief im Nationalpark, ohne dafür stundenlang wandern zu müssen. Im Sommer fährt der Bus achtmal am Tag, tagsüber etwa jede Stunde.
Auf dem Wasser bietet die MS Diana der Weißen Flotte ein barrierefreies Schiffserlebnis auf der Müritz. Für Nutzer*innen von E-Rollstühlen gibt es allerdings Einschränkungen. Die Platzverhältnisse an Bord sind knapp bemessen. Wer etwas ganz anderes ausprobieren möchte, kann in der Mecklenburgischen Seenplatte auch Offroad-Touren mit einem geländegängigen Elektrorollstuhl unternehmen – ein Angebot, das Naturerlebnis auch abseits befestigter Wege möglich macht.
Baden, Bären und besondere Museen
Ein Highlight für viele Besucher ist das Volksbad in Waren (Müritz). Hier ermöglichen Rampe und Hebelift auch Rollstuhlnutzer*innen das Bad im kühlen Nass – eine Seltenheit an vielen eher naturbelassenen Ufern der Seen. Insbesondere an der Müritz gibt es aber auch flache Strände mit einigermaßen festem Untergrund, die mit einem geeigneten Hilfsmittel den Zugang ins Wasser ermöglichen.
Darüber hinaus lockt die Region mit besonderen Ausflugszielen. Das Müritzeum, Deutschlands größtes Aquarium für heimische Süßwasserfische, ist komplett barrierefrei zugänglich und bietet auf Wunsch Leih-Rollstuhl und -Rollator. Im Bärenwald Müritz bei Stuer können Besucher auf breiten, rollstuhlgerechten Wegen mehr als 20 Braunbären beobachten, die hier ein artgerechtes Zuhause gefunden haben.
Natürlich nicht überall barrierefrei
Bei aller Mühe, die sich Verantwortliche in der Region geben: Ein Nationalpark bleibt Natur – und damit nicht vollständig barrierefrei. Viele Waldwege sind unbefestigt, sandig oder bei Regen aufgeweicht. An manchen Stellen führen steile, sandige Ufer ins Wasser, die selbst für Menschen ohne Behinderung nur mühsam zu meistern sind. Auch beim Aussichtsturm Käflingsberg müssen Besucher mit körperlichen Einschränkungen verzichten: Die spektakuläre Aussicht ist nur über 167 Stufen erreichbar.
Ein weiterer Punkt, der gerade für Menschen mit Behinderung relevant sein kann: In vielen Bereichen des Nationalparks gibt es keinen Mobilfunkempfang. Wer auf mobile Hilfsmittel, Assistenz-Apps oder schnelle Hilfe im Notfall angewiesen ist, sollte das unbedingt bei der Tourenplanung berücksichtigen.
Realistische Erwartungen und gute Planung
Der Müritz-Nationalpark ist ein Eldorado für Tierbeobachter. See- und Fischadler, Kraniche und viele andere Vogelarten lassen sich mit etwas Geduld beobachten. Auch Biber, Dachse, Füchse und Rotwild kann man mit Glück und guter Vorbereitung an den richtigen Stellen entdecken. Dank barrierefreier Beobachtungsstationen ist das auch im Rollstuhl möglich. Damit zeigt die Region, dass Barrierefreiheit und Naturerlebnis keine Gegensätze sein müssen.
Wer hierher reist, findet eine gute Infrastruktur mit barrierefreien Infozentren, Bussen, Unterkünften und Ausflugszielen. Doch man sollte sich bewusst sein, dass es ganz ohne Hindernisse in der freien Natur nicht geht. Für ein unbeschwertes Urlaubserlebnis sollte man sich deshalb gut vorbereiten, um sich Enttäuschungen zu ersparen. Wer allerdings passende Orte und Wege auswählt und realistische Erwartungen mitbringt, kann rund um die Müritz eine unvergessliche, naturnahe und gleichzeitig barrierearme Auszeit genießen.